Während die Welt das Mitgefühl, die Gebete und den Beistand des Volkes Gottes braucht und sie Christus im Leben seiner Nachfolger erkennen muß, benötigt das Volk Gottes Gelegenheiten, die sein Mitgefühl erfordern, seine Gebete wirksam machen und es ein Wesen nach dem göttlichen Vorbild entwickeln lassen. Um uns diese Gelegenheiten zu verschaffen, hat Gott Arme, Unglückliche, Kranke und Leidende unter uns gestellt. Sie sind Christi Vermächtnis an seine Gemeinde, sie sollen so versorgt werden, wie er für sie sorgen würde. So entfernt Gott die Schlacken und reinigt das Gold und läßt uns jene feine Bildung des Herzens und Wesens entwickeln, die wir so sehr benötigen. Sch2 447.1
Der Herr könnte sein Werk auch ohne unsre Mithilfe voranbringen. Er ist nicht abhängig von unserm Geld, unsrer Zeit und Arbeit. Die Gemeinde ist aber in seinen Augen sehr wertvoll. Sie bewahrt seine Juwelen auf und umschließt seine Herde. Er sehnt sich danach, sie ohne Flecken, Runzeln oder dergleichen zu sehen. Mit großer Liebe verlangt es ihn nach ihr. Deshalb schenkt er uns die Gelegenheiten, für ihn zu wirken, und er nimmt unsre Bemühung als Zeichen unsrer Liebe und Treue entgegen. Sch2 447.2
Dadurch dass der Herr Arme und Leidende unter uns stellt, prüft er uns, damit offenbar werde, was in uns ist. Wir können nicht unsern Grundsätzen untreu werden, der Gerechtigkeit zuwiderhandeln und die Barmherzigkeit vernachlässigen. Sehen wir, wie ein Bruder zugrunde geht, sollen wir nicht auf der andern Straßenseite an ihm vorübergehen, sondern sofort entschiedene Anstrengungen unternehmen, das Wort Gottes erfüllen und ihm helfen. Wir können nicht Gottes ausdrücklichen Anordnungen zuwiderhandeln, ohne dass das Ergebnis unsrer Arbeit ein kennzeichnendes Licht auf uns wirft. Es sollte in unserm Bewusstsein fest verankert und verwurzelt sein, dass alles, was in unserm Tun Gott entehrt, uns auch nicht fördern kann. Sch2 447.3
Es sollte dem Gewissen wie mit eisernem Griffel in Fels eingeritzt sein, dass, wer Gnade, Mitleid und Gerechtigkeit geringschätzt, die Armen vernachlässigt, die Not der leidenden Menschen übersieht, unfreundlich und unhöflich ist, sich so aufführt, dass Gott an der Entwicklung seines Charakters nicht mitwirken kann. Die Verstandes- und Herzensbildung wird leichter erreicht, wenn wir ein so zartes Mitgefühl für andre empfinden, dass wir unsre Gaben und Vorzüge einsetzen, um ihre Nöte zu lindern. Wenn wir alles, was wir bekommen und festhalten können, für uns verwenden, so führt das zur Verarmung unsrer Seele. Alle Eigenschaften Christi müssen von denen angenommen werden, die das Werk verrichten wollen, das Gott ihnen aufgetragen hat, indem sie wie Christus arbeiten. Sch2 447.4
Unser Erlöser sendet seine Boten, um seinem Volke eine Botschaft zu überbringen. Er sagt: “Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.” Offenbarung 3,20. Aber viele weigern sich, ihn zu empfangen. Der Heilige Geist wartet darauf, Herzen zu bändigen und zu besänftigen; aber sie sind nicht willens, die Tür zu öffnen und den Heiland einzulassen, aus Furcht, er könnte etwas von ihnen fordern. Und deshalb geht Jesus von Nazareth vorbei. Er möchte ihnen die reichen Segnungen seiner Gnade verleihen, aber sie weigern sich, sie anzunehmen. Wie schrecklich ist es, Christus aus seinem eigenen Tempel auszuschließen! Welch einen Verlust stellt das für die Gemeinde dar! Sch2 448.1