“Klugheit und Verstand sind ein sicheres Fundament,
auf dem du dein Haus errichten kannst,
und Wissen füllt seine Räume mit wertvollen und schönen Dingen.”
Sprüche 24,3.4 (GN).
Was für den Körper gilt, nämlich: Die Kraft wächst aus der Anstrengung!, das trifft auch auf den Geist und die Seele zu. Im Sinne dieses Grundsatzes hat Gott in seinem Wort auch die Voraussetzungen für eine gesunde geistige und geistliche Entwicklung geschaffen. ERZ 127.1
Die Bibel enthält alle Grundwahrheiten, die erforderlich sind, damit der Mensch sein irdisches Leben bewältigen und sich auf das zukünftige Leben vorbereiten kann. Diese Prinzipien sind so verblüffend einfach, daß sie im Grunde jeder begreifen kann. Allerdings liegen sie nicht einfach so auf der Straße, um mühelos aufgesammelt zu werden. Gewiß, es gibt unzählige Stellen in der Heiligen Schrift, die einem schon bei flüchtigem Lesen zum Gewinn werden. Aber die wirklichen Schätze im Wort Gottes liegen nicht an der Oberfläche. Um sie muß man sich forschend und betend bemühen. Die Wahrheit läßt sich auch nicht auf einmal in ihrer Gesamtheit erfassen, sondern will nach und nach zusammengetragen sein, soweit sie dem Menschen überhaupt zugänglich ist. Aber wer sich um sie bemüht, wird erleben, wie sich ein Teilstück nach dem anderen zu einer Gesamtschau zusammenfügen läßt. ERZ 127.2
Zum Beispiel machen sich die vier Evangelien im Neuen Testament nicht gegenseitig Konkurrenz, sondern ergänzen einander. Manche Passagen sind fast gleichlautend, bestimmte Ereignisse werden aus unterschiedlicher Sicht geschildert, einige Berichte sind Sondergut des jeweiligen Berichterstatters. Aber alles zusammen betrachtet, ergibt letztlich ein anschauliches Bild der Person und Botschaft Jesu. Mit der Bibel ist es so: Eine prophetische Aussage erklärt die andere, jede Wahrheit ist Grundlage für eine andere Wahrheit. Manche der jüdischen Glaubenslehren sind erst im Lichte der Evangelien richtig zu verstehen. Jeder Grundsatz im Wort Gottes hat seine Berechtigung und jede Aussage ihren Zusammenhang. Und so, wie die Bibel sich uns heute darstellt, ist sie ein eindeutiges Zeugnis für ihren Urheber. Kein Mensch hätte solch ein Werk schaffen können. Das konnte nur Gott. ERZ 127.3
Beim Erforschen der einzelnen Teile und ihrer Zusammenhänge werden die geistigen Fähigkeiten des Menschen gefordert. Insofern fördert intensives Bibelstudium nicht nur das geistliche Denken, sondern kommt der Denkfähigkeit des Menschen ganz allgemein zugute. Wer sich nur mit alltäglichen Dingen befaßt, bedient sich seiner geistigen Fähigkeit nur in eingeschränktem Maße, so daß wichtige Bereiche nach und nach verkümmern. Wer das Durchdringen der biblischen Wahrheiten scheut, wird in seiner geistigen Entwicklung ein bestimmtes Niveau nicht überschreiten, unabhängig davon, wie klug und intelligent er sonst auch sein mag. ERZ 128.1
Nichts beugt einseitigem und oberflächlichem Denken besser vor, als das Studium der Heiligen Schrift. Wer etwas für seine geistige und geistliche Entwicklung tun will, der studiere die Bibel. Es gibt kein Buch, das in dieser Hinsicht besser geeignet wäre, und zwar wegen der inhaltsschweren Botschaften, die gleichnishaft und in verständlicher Weise dargeboten werden. Kein anderes Studium kann so viel geistige Kraft vermitteln, wie das Bemühen, die von Gott offenbarten Wahrheiten zu verstehen. Indem der Geist des Menschen in die Gedankenwelt des Ewigen eintaucht, wird er stark und aufnahmefähig für immer neue Erkenntnis. ERZ 128.2
Noch größer ist der Einfluß der Bibel allerdings auf die geistliche Entwicklung. Weil der Mensch ursprünglich zur stetigen Gemeinschaft mit Gott bestimmt war, kann er sich auch nur in dieser Gottesbeziehung umfassend entwickeln. Und weil er so geschaffen ist, daß er nur in Gott seine höchste Freude finden kann, gibt es auch nichts anderes, das die Sehnsucht seines Herzens und den Hunger seiner Seele stillen könnte. Wer aufrichtigen Herzens und suchenden Geistes Gottes Wort studiert, um die ewigen Wahrheiten darin zu entdecken, begegnet letztlich Gott selbst. Seinen Entwicklungsmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt, außer denen, die er für sich selber zieht. ERZ 128.3
Ihrer großen Bandbreite an Themen und der Vielfalt an Stilelementen wegen hat die Bibel für die geistigen Ansprüche und seelischen Bedürfnisse eines jeden Menschen etwas zu bieten. Sie überliefert älteste Geschichte und bewegende Biographien, gibt Rat in staatspolitischen Fragen, bietet Hinweise zu einer vernünftigen Haushaltsführung — und das alles in einer Form und Qualität, an die menschliche Weisheit nicht heranreicht. Sie enthält tiefgründige Philosophie und ausdrucksstarke Poesie, die bei weitem alles übertreffen, was Menschen je gedacht und geschrieben haben. Selbst in den einfachsten Wahrheiten der Bibel sind Grundsätze enthalten, die unser menschliches Denken übersteigen und damit die Verbindung zur ewigen Welt Gottes knüpfen. ERZ 129.1
Zentrales Thema der Bibel ist der Erlösungsplan, die Wiederherstellung des Ebenbildes Gottes im Menschen. Dem ordnet sich alles andere unter. Von der ersten Andeutung eines kommenden Erlösers11.Mose 3,15. bis hin zu dem konkreten Versprechen: “Sie werden Gott sehen, wie er wirklich ist, und seinen Namen werden sie auf ihrer Stirn tragen”2Offenbarung 22,4. geht es in jedem Buch der Bibel um die Botschaft von der Wiederherstellung des Menschen durch die Kraft Gottes. Paulus hat das in einem Satz so ausgedrückt: “Dank sei Gott, daß er uns durch Jesus Christus, unserem Herrn, den Sieg schenkt!”31.Korinther 15,57 (GN). ERZ 129.2
Wer diese Hauptsache begriffen hat, dem erschließt sich ein unendliches Studiengebiet. Er hat den Schlüssel gefunden, der ihm den Zugang zur Schatzkammer des Wortes Gottes ermöglicht. ERZ 129.3
Die Lehre von der Erlösung ist die wichtigste aller Wissenschaften. Selbst die Engel und die gesamte nicht in Sünde gefallene Welt beschäftigen sich mit dem Erlösungsplan, der durch Christus offenbart wurde. Auch die Erlösten werden sich mit ihm bis in alle Ewigkeit befassen. Aber schon hier und jetzt gibt es nichts Wichtigeres, als über das Erlösungswerk Christi nachzudenken. Das regt nicht nur den Geist an, sondern wirkt sich auch positiv auf die seelische Verfassung aus. Im übrigen hängt unser ewiges Geschick davon ab, ob wir begreifen, worum es beim Erlösungsplan geht. Im Johannesevangelium heißt es vom Gottessohn: “Du hast ihm Macht über die Menschen gegeben, so daß durch ihn alle zum ewigen Leben gelangen, die du ihm anvertraut hast. Und das allein ist ewiges Leben: Dich, den wahren Gott, zu erkennen und an Jesus Christus zu glauben, den du gesandt hast.”1Johannes 17,2.3. ERZ 129.4
Die schöpferische Energie, durch die das gesamte Universum entstand, geht vom Wort Gottes aus. Dieses Wort ist Kraft und Leben. Selbst Gottes Gebote dürfen nicht als bloße Forderungen mißverstanden werden, denn sie sind zugleich Verheißungen. Wer Gottes Willen bejaht und von Herzen tut, wird bald merken, wie sich sein Wesen von innen heraus verändert und dem Bilde Gottes ähnlicher wird. Und wie wir durch Gottes Wort zu geistlichem Leben erweckt worden sind, so wird dieses neue Leben in uns auch erhalten: “Der Mensch lebt nicht allein von Brot, sondern von allem, was der Herr ihm zusagt!”2Matthäus 4,4. ERZ 130.1
Geist und Seele ernähren sich von dem, was wir ihnen zuführen. Wir selbst legen fest, womit sich unsere Gedanken und Sinne beschäftigen. Bis zu einem gewissen Grad entscheiden wir also selbst über unsere geistige, seelische und geistliche Beschaffenheit. In alttestamentlicher Zeit beklagte sich Gott, daß sein Wille im Denken Israels kaum noch eine Rolle spielte: “Zehntausendmal könnte ich ihnen meine Gebote aufschreiben — sie blieben ihnen fremd!”3Hosea 8,12. Diese Geisteshaltung blieb nicht ohne Folgen für das Geschick des Gottesvolkes. Was aus einem Menschen wird, hängt davon ab, ob er Gott ernst nimmt oder nicht. Jeder von uns muß selbst entscheiden, ob er auf Gott hören und ihm zugewandt leben will. Aber wer Gott ernst nimmt, dem gilt die Zusage: “Wende dich an mich, und ich werde dir antworten! Ich werde dir große Dinge zeigen, von denen du nichts weißt und auch nichts wissen kannst.”1Jeremia 33,3 (GN). ERZ 130.2
Jeder Mensch kann durch Gottes Wort — unabhängig vom jeweiligen Lebensschicksal — Gemeinschaft mit Gott haben. Er muß es nur wollen. Darüber hinaus kann er beim Lesen der Heiligen Schrift auch den bedeutenden Gotteskindern vergangener Zeiten begegnen und sich von dem ansprechen lassen, was Gott ihnen zu sagen hatte. Er wird dabei auch das hören, was der größte Lehrer aller Zeiten, Jesus Christus, den Menschen seiner Zeit zu sagen hatte. ERZ 131.1
Durch die Berührung mit der Welt Gottes, die uns durch sein Wort zuteil wird, können wir auch anderen zur Hilfe werden — Menschen, die in Versuchungen geraten sind, die Leid durchleben müssen oder die sich nach dem Heil sehnen. Und wer Gott zugewandt bleibt, dessen Beziehung zum Vater im Himmel wird immer enger und vertrauter werden, ähnlich wie bei Henoch, von dem gesagt werden konnte, daß er “in enger Gemeinschaft mit Gott” lebte.21.Mose 5,23. ERZ 131.2
Wem die Stimmen der heiligen Menschen vergangener Epochen vom Wort Gottes her vertraut sind, der wird sie auch aus dem himmlischen Begrüßungschor heraushören, wenn sich einst für ihn selbst die Tore zum Reich Gottes auftun. Wer durch Gottes Wort schon hier in einer engen Beziehung zur himmlischen Welt lebt, der wird sich dann auch in Gottes neuer Welt zu Hause fühlen. ERZ 131.3