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    Kapitel 5: Die Erziehung Israels

    “Er umfing ihn und hatte acht auf ihn;
    er behütete ihn wie seinen Augapfel.”

    Den Schwerpunkt des in Eden eingeführten Erziehungssystems bildete die Familie. Adam war ein Sohn Gottes (Lukas 3,38), und der, von dem die Kinder des Höchsten Belehrung empfingen, war ihr Vater. Sie hatten im wahrsten Sinne des Wortes eine Familienschule.Ez54 29.1

    Im göttlichen Erziehungsplan, wie er sich dem Zustand des Menschen nach dem Sündenfall anpaßt, erscheint Christus als der Stellvertreter des Vaters, als das Bindeglied zwischen Gott und Mensch. Er ist der große Lehrer der Menschheit. Und er verordnet auch, daß Männer und Frauen wiederum seine Stellvertreter sein sollen. Die Familie verkörpert die Lehranstalt, und die Eltern sind die Lehrkräfte.Ez54 29.2

    In den Tagen der Erzväter war die Familie Träger der Erziehung. Für die Lehrstätten, die so zustande kamen, schuf Gott die günstigsten Voraussetzungen zur Entwicklung des Charakters. Die Menschen unter seiner Führung befolgten noch immer die Lebensrichtlinie, die er im Anfang aufgestellt hatte. Die, welche sich von Gott trennten, bauten sich Städte, und indem sie sich dort eng zusammenschlossen, frohlockten sie in dem Glanze, in der Verschwendung und in dem Laster, welche die Metropolen bis heute zum Stolz und Fluch der Welt machen. Die Menschen aber, die an Gottes Lebensgrundsätzen festhielten, lebten inmitten von Feldern und Hügeln. Sie waren Ackersleute und Besitzer von Groß- und Kleinviehherden; bei diesem freien, unabhängigen Leben mit seinen Gelegenheiten zur Arbeit, zum Studium und zur Besinnung lernten sie von Gott und lehrten ihre Kinder seine Werke und Wege.Ez54 29.3

    Das war die Erziehungsmethode, die Gott in Israel einzuführen wünschte. Aber nach dem Auszug aus Ägypten waren unter den Israeliten nur wenige darauf vorbereitet, bei der Ertüchtigung ihrer Kinder mit ihm zusammenzuwirken. Den Eltern selbst tat Belehrung und Erziehung not. Als die Opfer lebenslanger Sklaverei waren sie unwissend, ungeschult und verkommen. Sie besaßen nur wenig Gotteserkenntnis und ein geringes Gottvertrauen. Falsche Lehren hatten sie verwirrt, und durch die lange Berührung mit dem Heidentum waren sie innerlich verdorben worden. Gott wollte sie auf eine höhere sittliche Stufe emporziehen, und zu diesem Zweck suchte er ihnen eine Erkenntnis seiner selbst zu vermitteln.Ez54 29.4

    In seiner ganzen Verfahrensweise mit den Wüstenwanderern, ob er sie hin und her ziehen ließ, sie dem Hunger und Durst, der Müdigkeit und der Gefahr von seiten heidnischer Widersacher aussetzte oder ihnen seine helfende Fürsorge kundtat, kurz, immer wieder suchte Gott ihren Glauben zu stärken, indem er ihnen die unaufhörlich zu ihrem Besten wirkende Macht offenbarte. Und nachdem er sie dazu erzogen hatte, seiner Liebe und Stärke zu vertrauen, war es seine Absicht, ihnen in den Verordnungen des Gesetzes die charakterliche Norm vor Augen zu halten, die sie durch seine Gnade erreichen sollten.Ez54 30.1

    Unschätzbar waren die Lehren, die Israel während seines Aufenthaltes am Sinai empfing. Dies war eine Zeit besonderer Schulung für die Inbesitznahme Kanaans. Die Umgebung dort begünstigte die Ausführung der göttlichen Absicht. Auf dem Gipfel des Sinai ruhte die Wolkensäule, die den Zug angeführt hatte, und überschattete nun die Ebene, in der das Volk seine Zelte aufschlug. Als Feuersäule bei Nacht verbürgte sie ihnen den göttlichen Schutz, und während der Schlummer sie umfing, fiel das Himmelsbrot auf die Lagerstatt hernieder. Rings zeugten weitgestreckte, zerklüftete Berggipfel in ihrer feierlichen Großartigkeit von ewiger Dauer und Majestät. Den Menschen überkam ein Gefühl der Unwissenheit und Schwäche in der Gegenwart dessen, der da “wägt die Berge mit einem Gewicht und die Hügel mit einer Waage”. Jesaja 40,12. Hier suchte Gott durch die Offenbarung seiner Herrlichkeit Israel die Heiligkeit seines Charakters und seiner Forderungen sowie das überaus Schuldhafte der Übertretung eindringlich nahezubringen.Ez54 30.2

    Aber das Volk war langsam im Lernen seiner Lektion. Ihm, das in Ägypten an sinnlich wahrnehmbare Darstellungen der Gottheit, und zwar an solche erniedrigendster Art, gewöhnt gewesen war, fiel es schwer, das Dasein oder das Wesen des Unsichtbaren zu erfassen. Aus Mitleid mit seinem Unvermögen gab Gott ihm ein Sinnbild seiner Gegenwart. “Und sie sollen mir ein Heiligtum machen”, sagte er, “daß ich unter ihnen wohne.” 2.Mose 25,8.Ez54 31.1

    Bei der Errichtung des Heiligtums zu einer Wohnstätte für Gott wurde Mose angewiesen, alles nach dem Muster der himmlischen Dinge zu gestalten. Der Herr rief ihn auf den Berg und offenbarte ihm diese. Nach ihrem Vorbilde wurde dann die Stiftshütte mit all ihrem Zubehör angefertigt.Ez54 31.2

    So enthüllte Gott dem Volk Israel, das er zu seiner Wohnstatt machen wollte, sein herrliches Charakterideal. Das Musterbild wurde den Israeliten bei der Verkündigung des Gesetzes vom Sinai vorgeführt, als Gott an Mose vorüberzog und ausrief: “Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue!”. 2.Mose 34,6.Ez54 31.3

    Aber sie waren unfähig, dieses Ideal aus sich selbst heraus zu verwirklichen. Die Offenbarung am Sinai konnte sie nur zutiefst von ihrem Mangel und ihrer Hilflosigkeit überzeugen. Eine andere Lehre sollte ihnen die Stiftshütte durch ihren Opferdienst erteilen: die Lehre von der Vergebung der Sünden und von der Kraft des Gehorsams zum ewigen Leben, die durch den Erlöser vermittelt wird.Ez54 31.4

    Durch Christus sollte der Vorsatz zur Ausführung gebracht werden, den die Stiftshütte versinnbildete. In jenem prächtigen Zeltbau spiegelten die goldgleißenden Wände die Vorhänge mit den eingewirkten Cherubim in Regenbogenfarben wider, während der Duft ständig brennenden Weihrauchs das Ganze durchzog. In makelloses Weiß waren die Priester gekleidet, und im tiefen Geheimnis des innersten Raumes thronte über dem Gnadenstuhl, zwischen den Figuren der gebeugten anbetenden Engel, die Herrlichkeit des allerheiligsten Wesens. Gott wünschte, daß sein Volk aus alledem sein Vorhaben mit der Menschenseele herauslesen sollte. Es handelte sich um dieselbe Absicht, die lange danach durch den Apostel Paulus aufgezeigt wurde, als dieser sagte: “Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? So jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr.” 1.Korinther 3,16.17.Ez54 31.5

    Groß war die Gnade und groß die Ehre, die Israel mit der Zubereitung des Heiligtums zuerkannt wurden, groß war freilich auch die Verantwortung. Ein Volk, das eben erst der Sklaverei entronnen war, wollte in der Wüste ein Gebäude von außerordentlicher Pracht errichten, das zu seiner Erstellung das kostbarste Material und höchstes künstlerisches Geschick erforderte, eine erstaunliche Aufgabe, wie es schien.Ez54 32.1

    Doch der den Plan für das Haus geliefert hatte, verbürgte sich zur Mitarbeit mit den Bauleuten. “Und der Herr redete mit Mose und sprach: Siehe, ich habe mit Namen berufen Bezaleel, den Sohn Uris, des Sohnes Hurs, vom Stamme Juda, und habe ihn erfüllt mit dem Geist Gottes, mit Weisheit und Verstand und Erkenntnis und mit allerlei Geschicklichkeit ... Und siehe, ich habe ihm zugegeben Oholiab, den Sohn Ahisamachs, vom Stamme Dan; und habe allerlei Weisen die Weisheit ins Herz gegeben, daß sie machen sollen alles, was ich dir geboten habe.” 2.Mose 31,1-6. Welch ein Werkunterricht war das dort in der Wüste, wo Christus und seine Engel Lehrer waren!Ez54 32.2

    Bei der Zubereitung des Heiligtums und seiner Innenausstattung sollte das ganze Volk mithelfen. Da gab es Arbeit für Kopf und Hand. Man benötigte eine Menge verschiedenartigen Baumaterials, und alle wurden aufgefordert, je nach Eingebung ihres Herzens beizusteuern.Ez54 32.3

    So wurden die Israeliten dazu erzogen, bei der Arbeit und beim Geben mit Gott und ihresgleichen zusammenzuwirken. Auch bei der Aufrichtung des geistlichen Hauses des Tempels Gottes in der Seele sollten sie gemeinsam zu Werke gehen.Ez54 32.4

    Schon seit dem Beginn des Auszugs aus Ägypten hatten sie Hinweise in bezug auf ihre Ausbildung und Erziehung empfangen. Sogar noch ehe sie Ägypten verließen, hatte man eine vorläufige Organisation durchgeführt; das Volk war in Abteilungen gegliedert worden, die bestimmten Führern unterstanden. Am Sinai wurden die organisatorischen Einrichtungen vervollständigt. Die in allen Werken Gottes so augenfällig hervortretende Ordnung offenbarte sich deutlich in dem hebräischen Staatswesen. Bei Gott lag das Schwergewicht der Herrschaftsgewalt und der Regierung. Mose als sein Stellvertreter hatte die Gesetze in seinem Namen zu verwalten. Dann folgten der Rat der Siebzig, ferner die Priester und Fürsten, unter diesen “Häupter über 1000, über 100, über 50 und über 10” (4.Mose 11,16; 5.Mose 1,15) und schließlich Beamte mit einem besonderen Aufgabenkreis. Das Lager war genau geordnet: In der Mitte befand sich die Stiftshütte, der Wohnort Gottes, und ringsumher standen die Zelte der Priester und Leviten. Außerhalb dieser lagerte jeder Stamm unter seinem eigenen Panier.Ez54 33.1

    Durchgreifende hygienische Verordnungen traten in Kraft. Diese wurden dem Volke nicht nur als eine gesundheitliche Notwendigkeit eingeschärft, sondern auch als Voraussetzung für die Gegenwart des Heiligen in seiner Mitte. Kraft göttlicher Autorität erklärte Mose: “Denn der Herr, dein Gott, wandelt unter deinem Lager, daß er dich errette ... Darum soll dein Lager heilig sein.” 5.Mose 23,15.Ez54 33.2

    Die Erziehung der Israeliten schloß ihre sämtlichen Lebensgewohnheiten mit ein. Alles, was ihr Wohlergehen betraf, war Gegenstand göttlicher Sorge und fiel in den Bereich göttlicher Gesetzgebung. Auch in der Vorsorge für ihre Nahrung suchte Gott ihr Bestes. Das Manna, mit dem er sie in der Wüste speiste, war dazu angetan, ihre körperliche, geistige und sittliche Kraft zu erhöhen. Obgleich sich so viele von ihnen gegen die Einschränkung in der Ernährung auflehnten und nach jenen Tagen zurückverlangten, da sie, wie sie sagten, “bei den Fleischtöpfen saßen und hatten die Fülle Brot zu essen” (2.Mose 16,3), wurde doch die weise Auswahl Gottes auf eine Art gerechtfertigt, die niemand bestreiten konnte: trotz der Entbehrungen ihres Wüstenlebens gab es nicht einen einzigen Schwächling unter all ihren Stämmen.Ez54 33.3

    Auf allen Wanderungen sollte die Bundeslade, die das Gesetz Gottes enthielt, voranziehen. Der Lagerplatz wurde durch das Herniederschweben der Wolkensäule angezeigt. Solange die Wolke über der Stiftshütte ruhte, lagerten die Israeliten. Wenn sie sich hob, setzten sie ihre Wanderung fort. Der Zeitpunkt des Haltens wie der des Abmarsches war durch eine feierliche Anrufung gekennzeichnet. “Und wenn die Lade zog, so sprach Mose: Herr, stehe auf! laß deine Feinde zerstreut ... werden ... Und wenn sie ruhte, so sprach er: Komm wieder, Herr, zu der Menge der Tausende Israels!” 4.Mose 10,35.36.Ez54 34.1

    Als das Volk durch die Wüste zog, wurden ihm viele wertvolle Lehren durch Gesang ins Herz geprägt. Bei seiner Errettung vor dem Heere Pharaos hatte die ganze Menge Israels mit in den Triumphgesang eingestimmt. Weit über Wüste und Meer war der frohe Kehrreim erschollen, und die Berge hatten von den Klängen des Lobgesangs widergehallt: “Laßt uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan.” 2.Mose 15,21. Oft wurde dieses Lied auf der Wanderung wiederholt. Es stimmte die Herzen der Pilger froh und entfachte ihren Glauben. Die Gebote, wie sie vom Sinai herab gegeben worden waren, nebst den Verheißungen der göttlichen Gunst und Berichten über Gottes wunderbare Befreiungstaten wurden unter göttlicher Anleitung in Lieder gefaßt. Man trug sie zu den Klängen instrumentaler Musik vor; dabei hielt das Volk Schritt, wenn sich seine Stimmen im Lobgesang vereinigten.Ez54 34.2

    Auf diese Weise wurden seine Gedanken von den Prüfungen und Schwierigkeiten des Weges nach oben gelenkt, der ruhelose, ungezügelte Geist wurde besänftigt und gestillt, die Grundregeln der Wahrheit prägten sich dem Gedächtnis ein, und der Glaube erstarkte. Gemeinsames Wirken erzog das Volk zu Ordnung und Einigkeit. Außerdem wurden die Menschen dadurch in engere Berührung mit Gott und mit ihresgleichen gebracht.Ez54 34.3

    Über den Weg Gottes mit Israel während der vierzig Jahre Wüstenwanderung äußerte Mose: “Daß der Herr, dein Gott, dich gezogen hat, wie ein Mann seinen Sohn zieht”, “auf daß er dich demütigte und versuchte, daß kund würde, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht.” 5.Mose 8,5.2. “Er fand ihn in der Wüste, in der dürren Einöde, da es heult. Er umfing ihn und hatte acht auf ihn; er behütete ihn wie seinen Augapfel. Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, breitete er seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln. Der Herr allein leitete ihn, und kein fremder Gott war mit ihm.” 5.Mose 32,10-12.Ez54 35.1

    “Denn er gedachte an sein heiliges Wort, das er Abraham, seinem Knechte, hatte geredet. Also führte er sein Volk aus in Freuden und seine Auserwählten in Wonne und gab ihnen die Länder der Heiden, daß sie die Güter der Völker einnahmen, auf daß sie halten sollen seine Rechte und seine Gesetze bewahren. Halleluja!” Psalm 105,42-45.Ez54 35.2

    Gott stattete Israel mit allen Vorteilen aus, gab ihm jede erdenkliche Möglichkeit, seinem Namen zur Ehre und den umliegenden Völkern zum Segen zu gereichen. Er verhieß ihm, daß er es “zum höchsten machen werde” und daß es “gerühmt, gepriesen und geehrt” würde “über alle Völker, die er gemacht hat”, wenn es auf den Pfaden des Gehorsams wandelte. “Alle Völker auf Erden werden sehen”, sagte er, “daß du nach dem Namen des Herrn genannt bist, und werden sich vor dir fürchten.” Nationen, die all die Gebote vernähmen, würden sagen: “Ei, welch weise und verständige Leute sind das und ein herrlich Volk!” 5.Mose 26,19; 5.Mose 28,10; 5.Mose 4,6.Ez54 35.3

    In den dem Volk anvertrauten Gesetzen war ausdrückliche Weisung betreffs der Erziehung gegeben. Gott hatte sich Mose auf dem Sinai offenbart als “barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue”. 2.Mose 34,6. Diese in seinem Gesetz verkörperten Grundzüge sollten die Väter und Mütter in Israel ihren Kindern einprägen. Mose erklärte ihnen auf Grund göttlicher Weisung: “Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzest oder auf dem Wege gehst, wenn du dich niederlegst oder aufstehst.” 5.Mose 6,6.7.Ez54 35.4

    Nicht als trockene Theorie sollten diese Dinge gelehrt werden. Wer Wahrheit vermitteln will, muß selbst ihre Grundsätze ausleben. Andere kann man nur dann beeindrucken, wenn sich in der Rechtschaffenheit, im Adel und in der Selbstlosigkeit des eigenen Lebens der göttliche Charakter widerspiegelt.Ez54 36.1

    Wahre Erziehung bedeutet nicht, einem unvorbereiteten und unempfänglichen Gemüt Belehrung aufzwingen. Die Geisteskräfte müssen geweckt, das Interesse muß angeregt werden. Dafür ist in Gottes Lehrmethode Vorkehrung getroffen. Der den Verstand schuf und seine Gesetze festlegte, sorgt auch für dessen Entwicklung im Einklang mit diesen. In Heim und Heiligtum, bei der Arbeit und bei Festlichkeiten, durch Natur und Kunst, im geweihten Bauwerk und Gedenkstein, durch unzählige Ordnungen, Bräuche und Sinnbilder erteilte Gott Israel Lehren, die seine Wesensgrundsätze veranschaulichten und das Gedächtnis seiner wunderbaren Werke bewahrten. Wenn da ein Fragen einsetzte, prägte sich die gegebene Unterweisung tief in Herz und Sinn.Ez54 36.2

    In den Anweisungen für die Erziehung des auserwählten Volkes wird offenbar, daß ein Leben mit Gott im Mittelpunkt ein vollkommenes Dasein ist. Für jedes Bedürfnis, das er in uns hineingelegt hat, schafft er auch Befriedigung; jede verliehene Gabe sucht er zu entfalten.Ez54 36.3

    Als Urheber aller Schönheit, der selbst das Ansprechende liebt, sorgte Gott dafür, daß die Liebe zum Schönen in seinen Kindern zu ihrem Recht komme. Auch für ihre gesellschaftlichen Bedürfnisse traf er Vorkehrung, für herzliche, die Hilfsbereitschaft fördernde Geselligkeit, die so viel zur Pflege des Mitgefühls beiträgt und das Leben durchsonnt und verschönt.Ez54 36.4

    Die Feste Israels nahmen als Mittel zur Erziehung einen wichtigen Platz ein. Im gewöhnlichen Leben war die Familie beides zugleich: Schule und Gemeinde, wobei die Eltern in weltlichen und religiösen Fächern unterrichteten. Aber dreimal im Jahre waren gewisse Zeiten für gesellschaftliche und gottesdienstliche Veranstaltungen vorgesehen. Zuerst fanden diese Zusammenkünfte in Silo, später in Jerusalem statt. Nur die Anwesenheit der Väter und Söhne war gefordert; aber niemand wollte die Gelegenheiten dieser Feste versäumen. Nach Möglichkeit war die ganze Hausgemeinschaft zugegen, und der Fremdling, der Levit und der Arme genossen ihre Gastfreundschaft.Ez54 36.5

    Die Reise nach Jerusalem im einfachen patriarchalischen Stil zur Zeit der Frühlingspracht, in hochsommerlicher Fülle oder im reifen Glanz des Herbstes war ein freudiger Anlaß. Mit Dankopfern kamen sie vom weißhaarigen Mann bis zum kleinen Kind, um Gott in seiner heiligen Wohnung zu begegnen.Ez54 37.1

    Auf der Reise wurden die Geschehnisse der Vergangenheit, die Geschichten, die heute noch bei alt und jung so beliebt sind, den hebräischen Kindern wiedererzählt. Man sang die Lieder, die die Wüstenwanderung froh belebt hatten. Gottes Gebote wurden im Liede vorgetragen. In Verbindung mit dem segensreichen Einfluß, den Natur und freundlicher Umgang mit Menschen ausübten, prägten sie sich dem Gedächtnis manches Kindes und Jugendlichen für immer ein.Ez54 37.2

    All die feierlichen Handlungen, deren Zeuge man anläßlich der Passahfeier in Jerusalem wurde, waren dazu angetan, die Einbildungskraft zu erregen und das Gemüt zu beeindrucken: die nächtliche Versammlung, die Männer mit gegürteten Lenden, mit Schuhen an den Füßen und dem Stab in der Hand, die hastige Mahlzeit, das Lamm, ungesäuertes Brot und bittere Kräuter; dazu in der feierlichen Stille die Wiederholung der Geschichte von der Blutbesprengung, vom Würgeengel und vom großen Auszug aus dem Lande der Knechtschaft.Ez54 37.3

    Beim Laubhütten oder Erntedankfest wurden Gaben aus dem Obstgarten und vom Felde dargebracht; man wohnte eine Woche lang in den Laubhütten, hatte gesellschaftliche Zusammenkünfte, einen heiligen Gedächtnisgottesdienst und übte eine herzliche Gastfreundschaft gegen die Mitarbeiter im Werke Gottes, die am Heiligtum dienenden Leviten, sowie an seinen Kindern, den Fremdlingen und Armen. Das erhob alle Herzen in Dankbarkeit gegen den, der “das Jahr mit seinem Segen krönte” und dessen “Pfade von Fett triefen”.Ez54 37.4

    Von den Frommen in Israel wurde jedes Jahr insgesamt ein ganzer Monat auf diese Weise verbracht. Es war eine Zeit, frei von Sorgen und Mühen und im wahrsten Sinne des Wortes fast ausschließlich Erziehungszwecken gewidmet.Ez54 38.1

    Beim Austeilen des Erbes an sein Volk war es Gottes Absicht, ihm und durch es späteren Geschlechtern richtige Grundsätze betreffs Landbesitz zu vermitteln. Das Land Kanaan wurde unter dem ganzen Volk aufgeteilt; nur die Leviten als Diener am Heiligtum erhielten keinen Grund und Boden. Obwohl jemand sein Besitztum für gewisse Zeit verkaufen konnte, durfte er doch das Erbe seiner Kinder nicht verschachern. Ihm stand frei, es jederzeit zurückzukaufen, sofern er dazu imstande war. Die Schulden wurden jedes siebente Jahr erlassen, und im fünfzigsten, dem Jubeljahr, fiel aller Grundbesitz an den ursprünglichen Eigentümer zurück. Auf diese Weise war der Besitz jeder Familie gesichert und übergroßem Reichtum und äußerster Armut ein Riegel vorgeschoben.Ez54 38.2

    Durch die Verteilung des Landes unter das Volk vermittelte ihm Gott gleich den Bewohnern Edens die Beschäftigung, die der Entwicklung am förderlichsten war: die Pflege von Pflanze und Tier. Eine weitere Erziehungsmaßnahme war die Aussetzung der Feldarbeit in jedem siebenten Jahr. Das Land lag dann brach, und seine wildwachsenden Erzeugnisse wurden den Armen überlassen. Damit ergab sich Gelegenheit zu ausgiebigem Studium, zu gesellschaftlichem Verkehr und gottesdienstlichen Übungen; auch für Mildtätigkeit, die so oft durch die Sorgen und Mühen des Lebens verdrängt wird, war dann die nötige Muße.Ez54 38.3

    Wie anders stünde es um die Menschen, wenn man die Richtlinien der göttlichen Gesetze über Besitzverteilung heute in der Welt befolgte! Eine Beobachtung dieser Grundregeln würde den schrecklichen Übeln vorbeugen, die zu allen Zeiten der Bedrückung der Armen durch die Reichen und dem Haß der Besitzlosen gegen die Besitzenden entsprungen sind. Einerseits würde dadurch die Aufhäufung großer Reichtümer verhindert, zum andern die Unwissenheit und Herabwürdigung Zehntausender verhütet, deren schlecht bezahlte Dienste zum Ansammeln jener riesigen Vermögenswerte benötigt werden. Das trüge zu einer friedlichen Lösung jener Probleme bei, die die Welt jetzt mit Anarchie und Blutvergießen zu erfüllen drohen.Ez54 38.4

    Ein Zehntel aller Erträge wurde Gott geweiht, ob sie nun dem Fruchtgarten oder dem Erntefeld, den Groß- und Kleinviehherden oder geistiger und körperlicher Arbeit entstammten. Ein weiteres Zehntel widmete man der Unterstützung der Armen und anderen wohltätigen Zwecken. Dadurch sollte beim Volk die Wahrheit lebendig erhalten werden, daß alles Gottes Eigentum ist und daß wir Segnungen empfangen, um sie weiterzugeben. Diese Erziehungsmaßnahme war dazu geeignet alle kleinliche Selbstsucht abzutöten und einen großzügigen, edlen Charakter zu entwickeln.Ez54 39.1

    Erkenntnis Gottes, Gemeinschaft mit ihm beim Studium und in der Arbeit, Charakterähnlichkeit mit ihm: damit waren Quelle Weg und Ziel der Erziehung Israels vorgezeichnet der Erziehung nämlich, die Gott den Eltern zuteil werden ließ und die diese an ihre Kinder weitergeben sollten.Ez54 39.2

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