Gottes Liebe hat sich um der Menschen willen über alles Verstehen hinaus offenbart und die Engel sind verwundert, dass die Empfänger dieser Liebesbeweise nur oberflächliche Dankbarkeit erkennen lassen. Ebenso sind sie erstaunt, wie wenig die Liebe Gottes von den Menschen gewürdigt wird. Der Himmel ist über die Vernachlässigung von Menschenseelen empört. Wollen wir etwa wissen, was Christus darüber empfindet? Wie würden wohl ein Vater und eine Mutter empfinden, wenn sie erführen, dass ihr in Kälte und Schnee verloren gegangenes Kind von denen übersehen und dem Untergang preisgegeben wurde, die es hätten retten können? Wären sie nicht furchtbar traurig und zugleich äußerst erregt? Würden sie nicht diese Mörder mit einem Zorn anklagen, heiß wie ihre Tränen und stark wie ihre Liebe? Wenn irgendein Mensch leidet, dann leidet damit ein Kind Gottes, und wer seinen zugrunde gehenden Mitmenschen keine helfende Hand bietet, der fordert Gottes gerechten Zorn heraus. Das Leben Jesu 829f. DC 116.3
Ich habe von einem Mann gelesen, der an einem kalten Wintertag durch tiefen Schnee stapfte. Die bittere Kälte hatte ihn gefühllos gemacht und seine Kräfte schwanden langsam. Er war nahe daran, den Kampf ums Überleben aufzugeben, als er das leise Rufen eines Menschen hörte. Es war ein anderer Wanderer, der am umkommen war. Sein Mitgefühl erwachte und er wollte den anderen retten. Er rieb die starren Glieder des Unglücklichen und half ihm unter großen Schwierigkeiten aufzustehen. Aber der Mann konnte nicht mehr stehen. Also schleppte er ihn durch den tiefen Schnee, von dem er gedacht hatte, er würde ihn allein nicht durchqueren können. Als er mit dem anderen Mann endlich ein Haus erreichte, begriff er, dass er durch die Rettung des anderen sein eigenes Leben gerettet hatte. Seine Anstrengungen hatte sein Blut schneller fließen lassen und in seinen Gliedern lebensspendende Wärme erzeugt. DC 117.1
Dieses Lehre sollte jungen Gläubigen ständig vor Augen gehalten werden, nicht allein durch Worte, sondern durch lebendige Beispiele, damit in ihrer christlichen Erfahrung Ahnliches geschieht. Testimonies for the Church IV, 319f. DC 117.2
Du solltest dich nicht zufrieden zurücklehnen, weil du reichlich mit der Erkenntnis der Wahrheit gesegnet worden bist. Wer hat dir denn die Wahrheit nahe gebracht? Wer zeigte dir das Licht des Wortes Gottes? Gott hat es dir doch nicht anvertraut, damit du es “unter einen Scheffel” stellst! Matthäus 5,15. DC 117.3
Ich habe von einer Expedition gelesen, die ausgesandt worden war, um Sir John Franklin zu suchen. Mutige Männer machten sich auf ins Polarmeer, wo sie Entbehrungen, Hunger, Kälte und Mühsal erduldeten. Und wozu das alles? Nur der Ehre wegen, die Leichen der Forscher zu finden, oder vielleicht doch noch den einen oder andern von seinen Leuten lebend zu bergen, wenn die Hilfe noch rechtzeitig kam? Wenn es den Rettern gelingen sollte, auch nur einen von dieser Gruppe vor dem Tode zu bewahren, dann würden sie höchst zufrieden sein, weil sich alle Strapazen und Leiden gelohnt hätten. Dafür waren sie bereit, alle Bequemlichkeit und ihr angenehmes Leben zu opfern. DC 117.4
Denkt darüber nach und dann vergleicht, wie wenig wir für die Errettung von Menschen um uns her zu opfern bereit sind. Dabei sind wir nicht einmal gezwungen, unsere Heimat zu verlassen oder auf eine lange und gefährliche Reise zu gehen, um einen Menschen vor dem ewigen Tod zu retten. Vor unserer Tür, in unserer Nachbarschaft, um uns herum sind Menschen, die gerettet werden sollen, Männer und Frauen — die verloren sind, wenn sie ohne Hoffnung und ohne Gott sterben. Und doch fühlen wir uns nicht angesprochen. Wir bringen durch unser Verhalten, wenn schon nicht durch unsere Worte, zum Ausdruck: “Soll ich meines Bruders Hüter sein?” 1.Mose 4,9. Diese Männer, die ihr Leben einsetzten bei dem Versuch, andere zu retten, werden von der Welt als Helden und Vorbilder gepriesen. Wir dagegen haben die Aussicht auf ewiges Leben. Wie sollten wir uns fühlen, wenn wir nicht wenigstens zu den kleinen Opfern bereit sind, die Gott für die Rettung von Menschen von uns fordert? The Review and Herald, 14. August 1888. DC 118.1
An einem Ort in Neuengland wurde ein Brunnen gegraben. Als die Arbeit fast beendet war und sich nur noch ein Mann auf dem Grund des Schachtes befand, gab die Erde nach und begrub ihn unter sich. Sofort wurde Alarm gegeben und alle verfügbaren Männer rannten herbei: Techniker, Bauern, Kaufleute, Rechtsanwälte — alle eilten zur Unfallstelle, um zu helfen. Leitern, Seile, Schaufeln und Spaten wurden rasch herbeigeschafft. “Rettet ihn, rettet ihn doch!”, lautete die Devise. DC 118.2
Die Männer arbeiteten verzweifelt. Der Schweiß tropfte von ihren Augenbrauen, ihre Arme zitterten vor Anstrengung. Ein langes Rohr wurde schließlich eingebracht, durch das sie dem Verschütteten zuriefen, er solle antworten, wenn er noch am Leben sei. Die Antwort kam: “Bin lebendig. Aber macht schnell! Es ist schrecklich hier.” Jubelnd verdoppelten sie ihre Anstrengungen. Als sie ihn endlich erreicht und aus dem Loch gezogen hatten, schien das Freudengeschrei bis in den Himmel zu vorzudringen. “Er ist gerettet!”, hallte es durch jede Straße des Ortes. DC 118.3
War der Eifer zu groß, diese Begeisterung zu überschwänglich wegen eines einzigen geretteten Menschen? Gewiss nicht! Was aber ist der Verlust des zeitlichen Lebens im Vergleich zum Verlust einer Seele? Wenn die Todesgefahr eines Einzelnen die Herzen der Menschen so bewegen kann, wie sollten wir dann nicht alles daran setzen, wenn es um das ewige Leben unserer Mitmenschen geht! Gospel Workers 31f. DC 119.1