Die Erziehung, die die jungen Männer und Frauen, die unsre höheren Schulen besuchen, im Heimleben empfangen sollten, verdient besondere Aufmerksamkeit. Es ist für die Charakterbildung sehr wichtig, daß Schüler die Arbeit anpacken, die ihnen aufgetragen ist, indem sie alle Neigung zur Trägheit ablegen. Sie müssen mit den Pflichten des täglichen Lebens vertraut werden. Man sollte sie lehren, ihre häuslichen Pflichten gründlich und gut zu tun, mit so wenig Lärm und Zerstreutheit wie möglich. Alles sollte schicklich und ordnungsgemäß verrichtet werden. Die Küche und alle andern Teile des Gebäudes sollten freundlich und sauber gehalten werden. Die Bücher sollen beiseitegelegt werden, bis sie an der Reihe sind. Es sollte nicht mehr gelernt werden, als man, ohne die häuslichen Pflichten zu vernachlässigen, lernen kann. Das Bücherstudium soll den Kopf nicht ganz in Anspruch nehmen, so daß dabei die häuslichen Pflichten vernachlässigt werden, auf denen das Behagen der Familie beruht. Sch2 391.1
In der Ausübung dieser Pflichten sollte man sorglose, nachlässige und unordentliche Gewohnheiten überwinden: werden solche Gewohnheiten nicht abgelegt, kleben sie einem das ganze Leben an und verderben es für nützliche Tätigkeit und Missionsarbeit. Werden sie nicht beharrlich und entschlossen beseitigt, überwinden sie den Schüler für Zeit und Ewigkeit. Die Jugend sollte angeregt werden, sich gewohnheitsmäßig richtig zu kleiden, um gefällig und anziehend auszusehen; sie sollte unterwiesen werden, ihre Kleidung sauberzuhalten und ordentlich auszubessern. All ihre Gewohnheiten sollten so sein, daß sie andern Hilfe und Freude bringen. Sch2 391.2
Besondere Anweisungen wurden den Scharen der Kinder Israel gegeben, auf daß alles in ihren Zelten und um sie herum sauber und ordentlich sei, damit der Engel des Herrn nicht durch ihr Lager ziehe und ihre Unreinigkeit sehe. Ist der Herr wirklich so genau, diese Dinge zu beachten? Jawohl! denn die Tatsache wird berichtet, daß er wegen ihrer Unsauberkeit unter ihnen nicht weiterziehen könne, um gegen ihre Feinde zu kämpfen. Ebenso wird all unser Tun von Gott bemerkt. Gott, der es so genau nahm, damit die Kinder Israel unter Gewohnheiten der Sauberkeit aufwuchsen, wird heute keine Unreinigkeit im Heim billigen. Sch2 391.3
Gott hat Eltern und Lehrern die Arbeit der Erziehung von Kindern und jungen Leuten auf diesem Gebiet übertragen, und jede Handlung ihres Lebens kann ihnen geistliche Lehren erteilen. Während wir sie zur körperlichen Sauberkeit erziehen, sollten wir sie lehren, daß Gott wünscht, daß sie im Herzen wie am Leibe rein seien. Fegen sie ein Zimmer aus, können sie lernen, wie Gott das Herz reinigt. Sie versperren ja auch nicht Türen und Fenster und lassen im Zimmer irgendein Reinigungsmittel wirken, sondern sie öffnen die Türen und reißen die Fenster weit auf und vertreiben mit Fleiß und Mühe allen Staub. So müssen die Fenster unsrer Triebkräfte und Gefühle zum Himmel geöffnet sein, und der Staub der Selbstsucht und Weltlichkeit muß ausgetrieben werden. Die Gnade Gottes muß die Kammern unsres Gemütes reinigen, ja, unser ganzes Wesen muß durch den Geist Gottes gereinigt und belebt werden. Unordnung und Liederlichkeit in unsern Alltagspflichten führen dahin, daß wir Gottes vergessen und die bloße Form der Frömmigkeit in einem Bekenntnis des Glaubens, der seine Echtheit verloren hat, aufrechterhalten. Wir sollen wachen und beten, sonst greifen wir nach Schatten und verlieren das Wesen. Sch2 392.1
Ein lebendiger Glaube sollte wie Goldfäden unsre Alltagserfahrung bei der Ausübung der kleinen Pflichten durchziehen. Dann werden die Schüler auch zur Erkenntnis echter Grundsätze gelangen, die nach Gottes Willen jede Tat ihres Lebens bestimmen sollen. Die Tagesarbeit wird derart sein, daß sie das christliche Wachstum fördert. Die Lebensgrundsätze des Glaubens, Vertrauens und der Liebe zu Jesus werden jede noch so unbedeutende Einzelheit unsres Alltages durchziehen. Wir werden zu Jesus aufschauen, und die Liebe zu ihm wird der ständige Antrieb sein, der jeder von uns verrichteten Pflicht Lebenskraft verleiht. Wir streben dann nach Gerechtigkeit und legen eine Hoffnung an den Tag, die “nicht zu Schanden werden läßt”. Was wir dann auch tun, wird zur Ehre Gottes getan. Sch2 392.2
Jedem Schüler im Heim möchte ich zurufen: “Sei treu in deinen Verpflichtungen dem Heim gegenüber! Sei zuverlässig beim Verrichten kleiner Pflichten. Sei ein wirklich lebendiger Christ im Heim. Laß christliche Grundsätze dein Herz regieren und dein Betragen beherrschen. Beachte jede Anregung deiner Lehrer, aber laß es nicht nötig sein, daß man dir immer sagen muß, was du tun sollst. Unterscheide selbst. Beobachte selbst, ob alles in deinem Zimmer sauber und ordentlich ist, damit nichts darin eine Beleidigung für Gott ist, daß vielmehr, wenn heilige Engel durch dein Zimmer ziehen, sie veranlaßt werden, sich aufzuhalten, weil sie durch die vorhandene Ordnung und Sauberkeit angezogen werden. Verrichtet ihr nämlich eure Pflichten unverzüglich, ordentlich und treu, so seid ihr auch Missionare. Dann legt ihr Zeugnis für Christus ab. Ihr beweist dann, daß weder Theorie noch Praxis der Religion Christi euch unsauber, grob und unehrerbietig gegen eure Lehrer machen, so daß ihr etwa ihren Rat und ihre Lehre kaum beachtetet. Die in die Tat umgesetzte Religion der Heiligen Schrift wird euch freundlich, rücksichtsvoll und treu machen. Ihr werdet die kleinen Dinge, die getan werden müssen, nicht vernachlässigen. Nehmt als euren Leitspruch die Worte Christi an: ‘Wer im Kleinsten treu ist, der ist auch im Großen treu’.” Sch2 393.1