“Weil sie glaubten und Gott vertrauten, konnte er Großes durch sie tun.
Sie bezwangen Königreiche, sorgten für Recht und Gerechtigkeit und erlebten,
wie sich Gottes Verheißungen erfüllten.”
Hebräer 11,33.
Biblische Lebensbeschreibungen haben einen hohen erzieherischen Wert. In der Regel unterscheiden sich diese Biographien von allen anderen dadurch, daß sie lebensnah und ungeschönt sind. ERZ 153.1
Niemand kann in die Seele eines anderen schauen. Deshalb ist es uns Menschen schlechterdings unmöglich, das Wesen eines anderen zutreffend zu beschreiben und seine Beweggründe richtig zu beurteilen. Das kann nur Gott, der das Herz und die Gedanken des Menschen bis in den letzten Winkel kennt. Wenn wir also in seinem Wort Lebensbeschreibungen finden, können wir gewiß sein, daß sie wahr und zuverlässig sind. ERZ 153.2
Die Bibel lehrt, daß das Handeln des Menschen von seiner Wesensart bestimmt wird. Unsere Lebenserfahrungen sind zum großen Teil eine Folge unseres Denkens und Tuns. “Ein Fluch, der unbegründet ist, wird nicht eintreffen”, heißt es in den Sprüchen Salomos.1Sprüche 26,2. Jesaja gibt zu bedenken: “Vergeßt nicht: Wer Gott gehorcht, dem geht es gut; was er erarbeitet, kann er auch genießen. Aber wehe dem, der sich Gott widersetzt! Für seine Bosheit wird er die gerechte Strafe erhalten: Was er anderen zufügt, wird er selbst zu spüren bekommen.”2Jesaja 3,10.11. Oder Gottes Drohung aus dem Munde des Propheten Jeremia: “Die ganze Welt soll es hören: Ich bringe Unglück über dieses Volk; es ist die Folge ihrer eigenen Pläne.”1Jeremia 6,19 (GN). ERZ 153.3
Das ist eine schreckliche Wahrheit, und sie sollte sich uns tief einprägen: Alles, was wir tun, fällt letztlich auf uns zurück! Was der Mensch sät, wird er auch ernten. Und wer ehrlich ist, weiß, daß vieles von dem, was wir im Leben zu erdulden und zu tragen haben, die Folge unseres eigenen Handelns ist. Allerdings kann dieses Prinzip von Ursache und Wirkung auch durchbrochen werden. Das weckt Hoffnung. ERZ 154.1
Nehmen wir zum Beispiel das Leben des Urvaters Jakob. Um sich das Erstgeburtsrecht zu sichern, daß Gott ihm längst zugesagt hatte, betrog er seinen Vater, zog sich den Haß seines Bruders Esau zu und mußte Hals über Kopf fliehen. Während der zwanzig Jahre in der Fremde wurde er selbst ungerecht behandelt, hintergangen und betrogen. Zuletzt mußte er wieder fliehen, um sich und die Seinen in Sicherheit zu bringen. Und als er endlich in die Heimat zurückgekehrt war, reifte in der eigenen Familie eine zweite böse Ernte heran, indem er erleben mußte, wie sich all seine Charakterfehler in den eigenen Söhnen wiederfanden. Für ihn mag das ein Beweis dafür gewesen sein, daß sich alles im Leben rächt. ERZ 154.2
Aber Gott sagt auch: “Ich klage nicht länger an, ich lasse meinem Zorn nicht unbegrenzt freien Lauf. Sonst würde mein Volk, das ich doch geschaffen habe, völlig zugrunde gehen. Ich war zornig und bestrafte sie, weil sie in ihrer Habgier schwere Schuld auf sich geladen hatten. Ich wandte mich von ihnen ab und ließ Unheil über sie hereinbrechen, das sie selbst verschuldet hatten. Denn ich habe genau gesehen, wie sie es trieben. Aber jetzt richte ich sie wieder auf und führe sie. Sie sollen meine Hilfe erfahren; statt zu klagen, werden sie jubeln. Allen schenke ich Glück und Frieden: denen, die in der Nähe leben, und denen, die noch in der Ferne zerstreut sind. Ich mache alles wieder gut. Ich der Herr sage es.”2Jesaja 57,16-19 (GN). ERZ 154.3
Das hatte auch Jakob erfahren dürfen. Er bereute sein Fehlverhalten und war bestrebt, das Unrecht, das er seinem Bruder angetan hatte, wiedergutzumachen. Und als er bei seiner Rückkehr in die Heimat damit rechnen mußte, daß der immer noch erboste Esau ihn umbringen würde, wandte er sich um Hilfe an Gott: “Er kämpfte mit dem Engel Gottes und besiegte ihn, weil er ihm mit Bitten und Tränen zusetzte.”1Hosea 12,5. Im Bericht über diesen Lebensabschnitt Jakobs heißt es: “Und er segnete ihn.”21.Mose 32,30 (GN). ERZ 154.4
Keine Frage, Jakob hatte schwere Schuld auf sich geladen, aber er hatte auch bereut und Vergebung erlangt. Aus dem ehemaligen Betrüger hatte Gott einen Überwinder gemacht. Dadurch wurde Jakob auf zweifache Weise frei. Zum einen waren Schuld und Feindschaft, die ihn von seinem Bruder getrennt hatten, überwunden. Zum andern war die Macht des Bösen in ihm selbst gebrochen, und sein Wesen wurde verändert. Um den Abend wurde es licht in und um Jakob. Rückblickend erkannte er, daß Gott ihm trotz allem immer nahe gewesen war. Am Ende seines Lebens betete Jakob: “Gott, dem meine Väter Abraham und Isaak dienten, hat mein Leben lang für mich gesorgt. Sein Engel hat mich aus vielen Gefahren gerettet.”31.Mose 48,15.16. ERZ 155.1
Die gleiche Erfahrung wiederholte sich im Leben von Jakobs Söhnen. Ihr Fehlverhalten hatte bittere Folgen, aber ihre Reue bewirkte Rechtfertigung und neues Leben. ERZ 155.2
Gott hebt seine Gesetze nicht auf. Er läßt sie auch nicht links liegen, wenn es ihm gerade paßt. Er macht die Folgen der Sünde auch nicht ungeschehen, aber er hat die Macht, selbst aus Bösem noch Gutes entstehen zu lassen. Durch seine Gnade bringt sogar ein Fluch noch Segen hervor. ERZ 155.3
Unter den Söhnen Jakobs tat sich Levi als einer der grausamsten und rachsüchtigsten hervor. Er und sein Bruder Simeon zettelten die hinterhältige Ermordung der Sichemiten an. Levis Wesensart setzte sich auch in seinen Nachkommen fort. Jakob distanzierte sich eindeutig von dem bösen Treiben seiner beiden Söhne: “Ihre Schwerter haben sie zu Mord und Totschlag mißbraucht. Mit ihren finsteren Plänen will ich nichts zu tun haben, von ihren Vorhaben halte ich mich fern.” Und im Blick auf die Zukunft prophezeite er: “Weil sie im Zorn so hart und grausam waren, müssen sie die Folgen tragen: Ihre Nachkommen erhalten kein eigenes Gebiet, sondern wohnen verstreut in ganz Israel.”11.Mose 49,5-7. ERZ 155.4
An dieser Entscheidung Gottes hatte der Stamm Levi lebenslang zu tragen, obwohl die Fehler der Vergangenheit bereut wurden und eine geistliche Erneuerung stattgefunden hatte. Später waren es gerade die Leviten, die Gott treu blieben, als sich alle anderen israelitischen Stämme von Gott abwandten. So verwandelte sich der ursprüngliche Fluch am Ende doch noch in Segen. ERZ 156.1
“Damals wählte der Herr den Stamm der Leviten für eine besondere Aufgabe aus: Sie sollten den Kasten mit den Steintafeln — die Bundeslade — tragen, dem Herrn im Heiligtum dienen und die Israeliten in seinem Namen segnen. So ist es bis heute geblieben.”25.Mose 10,8. Und bei Maleachi heißt es: “Ich versprach ihnen Leben und Wohlergehen und hielt mich an meine Zusage. Damals achteten mich die Leviten und hatten große Ehrfurcht vor mir. Dem Volk gaben sie meine Weisungen unverfälscht weiter. Was sie sagten, entsprach immer dem Recht und der Wahrheit. Sie waren aufrichtig und lebten so, wie es mir gefällt, und vielen halfen sie, von ihren falschen Wegen umzukehren.”3Maleachi 2,5.6. ERZ 156.2
Zum Dienst am Heiligtum bestimmt, erhielten die Leviten keinen Grundbesitz, sondern wohnten in den Städten, die Gott für sie ausgewählt hatte. Dort sollten sie ihren Dienst versehen und ihren Lebensunterhalt aus den Zehnten, Gaben und Opfern, die für Gottes Werk gegeben wurden, bestreiten. Sie erfreuten sich großer Wertschätzung und wurden als Diener Gottes zu allen Festen eingeladen. Gott verbürgte sich unmißverständlich für die Leviten: “Der Herr selbst ist ihr Anteil und Erbe; er sorgt für sie, wie er es ihnen versprochen hat.”45.Mose 10,9. Deshalb wurde dem Volk geboten: “Achtet darauf, daß ihr die Leviten mit versorgt, solange ihr in eurem Lande lebt.”55.Mose 12,19. ERZ 156.3