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Der große Kampf - Contents
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    Anm 032: Religionsfreiheit — (Seite 200)

    Die Religionsfreiheit hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. In früheren Jahrhunderten war man nur selten bereit, den Glauben anderer Konfessionen zu tolerieren. Heute gehört die Religionsfreiheit zu den Grundrechten des Menschen. Sie ist seit dem 18./19. Jahrhundert in nahezu alle Staatsverfassungen eingegangen, und auch der Artikel 18 der “Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte” der Vereinten Nationen hat die Religionsfreiheit zum Inhalt.GK 703.5

    Historisch gesehen ist die Religionsfreiheit das Ergebnis heftiger Auseinandersetzungen der christlichen Konfessionen untereinander sowie zwischen den christlichen Kirchen und der säkularisierend wirkenden Aufklärung. Daß heute die Religionsfreiheit für die Christen weitgehend eine Selbstverständlichkeit ist, verdanken wir jedoch nicht den Theologen oder den Kirchen, sondern dem Staat und dem weltlichen Recht.GK 703.6

    Besonders schwer tat sich die katholische Kirche mit der Religionsfreiheit. Noch 1864 hatte Pius IX. im “Syllabus errorum” die Religionsfreiheit zusammen mit der Gewissensfreiheit, dem Liberalismus und anderen heute Selbstverständlichkeiten verdammt.GK 703.7

    Pius XII. hat im Jahre 1953 in seiner sogenannten “Toleranzansprache” die Religionsfreiheit abgelehnt, wobei er vom Primat der Wahrheit gegenüber der Freiheit ausging und die traditionelle Auffassung wiederholte, nur die Wahrheit, nicht aber der Irrtum besitze Rechte. “Was nicht der [katholischen] Wahrheit und dem Sittengesetz entspricht, hat objektiv kein Recht auf Dasein, Propaganda und Aktion.” Die harte Diskussion um die Religionsfreiheit während des zweiten Vatikanischen Konzils spiegelt noch diese älteren Ansichten wider.GK 703.8

    Die Auseinandersetzungen während des Konzils hatten sich zuletzt im wesentlichen auf die Frage der Staatsreligion zugespitzt. In den Ländern, in denen die katholische Kirche Staatskirche ist, sollte deren Stellung unantastbar bleiben, den anderen Religionsgemeinschaften aber die Freiheit der Religionsausübung zugesichert sein. Zwar heißt es im Eingangskapitel der “Erklärung über die Religionsfreiheit”, daß die einzige wahre Religion ihre konkrete Existenzform in der katholischen, apostolischen Kirche erhalten habe, in den weiteren Texten aber bekennen sich die Konzilsväter eindeutig zur Freiheit der Religionsausübung. Das Konzil betonte feierlich, daß das Recht zu äußerer Betätigung der religiösen Gewissensfreiheit unter Wahrung des Gemeinwohls immer und überall gilt und von allen anzuerkennen ist. “Das Vatikanische Konzil” erklärt, daß die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. Die Freiheit besteht darin, daß alle Menschen frei sein müssen von jedem Zwang sowohl von seiten einzelner wie von gesellschaftlichen Gruppen wie von jeglicher menschlichen Gewalt, so daß in religiösen Dingen niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, als einzelner oder in Verbindung mit anderen — innerhalb der gebührenden Grenzen — nach seinem Gewissen zu handeln.GK 704.1

    Besonders aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang der Beitrag, den der lange Jahre in Haft gewesene Erzbischof von Prag, Kardinal Beran, zu diesem Thema beisteuerte. Beran stellte sich in seinen eindrucksvollen Ausführungen ganz auf den Boden der Heiligen Schrift, und er bekannte sich dazu, daß alles, was nicht aus gläubiger Überzeugung, aus aufrichtigem Gewissen geschieht, Sünde sei wider Gott. Das Wort aus Jakobus 2,12 sollte aller Leitspruch sein: “Redet so und handelt so wie Leute, die dereinst durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden.” Kardinal Beran wies darauf hin, daß die Unterdrückung der Gewissensfreiheit zur Heuchelei führe, und er schloß mit der bemerkenswerten Selbstbesinnung: “So scheint die katholische Kirche meiner Heimat heutzutage eine schmerzhafte Buße für jene Sünden zu tun, die in der Vergangenheit gegen die Gewissensfreiheit in ihrem Namen begangen wurden, wie z.B. die Verbrennung des Priesters Johannes Hus oder der äußere Zwang zur Wiederaufnahme des katholischen Glaubens, der im 17. Jahrhundert auf das tschechische Volk ausgeübt wurde.”GK 704.2

    Es war überhaupt höchst beeindruckend zu hören, wie offen, dynamisch und substanzreich viele Konzilsväter für die Religions- und Gewissensfreiheit stritten. Dabei scheuten sie auch nicht davor zurück, Fehler und Irrtümer der katholischen Kirche in der Vergangenheit an den Pranger zu stellen. Natürlich blieben diese Thesen nicht unwidersprochen. So vertrat z.B. der spanische Kardinal Bueno y Monreal die Auffassung, daß er nichts gegen die Religionsfreiheit einzuwenden habe, wohl aber “viel dagegen, daß ein anderes Evangelium verkündigt werde als das katholische”. Aber bei den Abstimmungen zeigte es sich doch, daß eine eindrucksvolle Mehrheit der Bischöfe die Zeichen der Zeit verstanden hatte. Ob die Praxis immer und überall schon diesen Erwartungen entspricht, ist allerdings eine Frage, die heute noch nicht endgültig beantwortet werden kann.GK 704.3

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