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Der große Kampf - Contents
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    Anm 056: Machtanspruch Roms — (Seite 571)

    Das katholische Lehramt, repräsentiert in der Gestalt des Pontifex maximus, bestimmt, was Wahrheit ist, entscheidet, was zu glauben ist, und beansprucht darin nicht nur Unfehlbarkeit, sondern Irrtumsunfähigkeit! Die Tradition der Kirche tritt als erste Wahrheitsquelle auf. Gegen das reformatorische Prinzip “sola scriptura”, allein die Schrift, stellte das Tridentiner Konzil (Konzil zu Trient 1545-1563) die Heilige Schrift und die apostolische Tradition, wozu auch die Traditionen der Kirche zählen. In den Schriftsätzen jenes Konzils lesen wir: “Die apostolischen und kirchlichen Traditionen und die übrigen Bräuche und Satzungen.dieser Kirche nehme ich mit Festigkeit an und umfasse sie.” — “Ebenso nehme ich die Heilige Schrift an in dem Sinne, den die heilige Mutter Kirche festhielt und hält, deren Sache (!) es ist, über den wahren Sinn und die Auslegung der Heiligen Schrift zu urteilen; nie werde ich sie anders auffassen und erklären, als nach der einmütigen Auffassung der Väter.” —GK 716.7

    Nach dieser Verlautbarung wird die kirchliche Tradition zum Ausleger der Heiligen Schrift bestellt. Was geglaubt werden muß und wie die einzelnen Texte auszulegen sind, entscheidet die katholische Kirche. Die persönliche Auffassung des einzelnen Katholiken hat sich selbst wider bessere Erkenntnis dieser Entscheidung zu beugen. Bei der Auseinandersetzung zwischen Bibel und Tradition wird nach Lage der Dinge die Tradition immer den Vorrang erhalten, indem man sie einfach in die Schrift hineininterpretiert. Es gibt heute nur noch wenige Gebiete des täglichen Lebens, auf denen die katholische Kirche nicht die Grenzen der noch zulässigen “Erkenntnis” abgesteckt hat.GK 717.1

    Die katholische Kirche hat sich mit dem Recht, zu entscheiden, was Wahrheit ist und was nicht, absolut gesetzt; sie steht damit nicht mehr unter dem Evangelium, sondern herrscht und regiert über das Evangelium! Damit aber hat sich die katholische Kirche von den Grundlagen des Evangeliums entfernt und ist selbst an die Stelle der Wahrheit getreten.GK 717.2

    Alle Äußerungen von katholischer Seite zeigen, daß die katholische Kirche in der Wahrheitsfrage nicht gewillt ist, ihren Ausschließlichkeitsanpruch aufzugeben. Es ist römisch-katholische Auffassung, daß die Wahrheit niemals mit der katholischen Kirche zusammen, sondern nur in der katholischen Kirche zu verwirklichen sei.GK 717.3

    Alle noch so freundlichen Gesten gegenüber den Protestanten, die im Verlauf des Konzils und auch danach sichtbar wurden, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich an dem Anspruch der katholischen Kirche, allein die Kirche Christi zu sein, nichts geändert hat; ihre Gesten sind bisher nur Gesten. Gewiß sind die Verlautbarungen, die von katholischer Seite an protestantische Ohren dringen, verbindlicher geworden. Gewiß ist das Wort “Ketzer” aus dem offiziellen Umgangston verschwunden. Dennoch kommt in den “Angeboten” der katholischen Kirche mit unmißverständlicher Klarheit zum Ausdruck, daß die katholische Kirche unter der Einheit Rückkehr versteht.GK 717.4

    In der Eröffnungsansprache Papst Paul VI. zur zweiten Sitzungsperiode des Konzils sprach er u.a. von “anderen Christen”, und er meinte diejenigen, “die wir, obwohl sie ‘in Christo’ glauben, doch nicht — o daß uns diese Freude nicht vergönnt ist! — unter diejenigen zählen können, die mit uns durch das Band der vollkommenen Einheit Christi verbunden sind. Diese Einheit, an der sie durch die Kraft der Taufe Anteil haben müßten, kann ihnen nur von der katholischen Kirche geboten werden und wird von ihnen ja auch durch die Kraft und das Wesen des Einheitsgedankens eifrig erstrebt”. (Zitiert nach Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts, 1963, Heft 6.)GK 717.5

    Auch die Reden, die Papst Paul VI. während seiner spektakulären Palästinareise gehalten hat, zielen in die gleiche Richtung. Durch die wiederholt gebrauchten Wendungen vom “römischen Christus” und von der “Einladung an die getrennten Brüder” finden wir erneut bestätigt, daß das “extra ecclesiam nulla salus” (außerhalb der Kirche ist kein Heil) eindeutig für die katholische Kirche beansprucht wird. Der evangelische Konzilsbeobachter Prof. Edmund Schlink hat in einem stark beachteten Vortrag in Rom am Ende der zweiten Sitzungsperiode des Konzils diese römische Exklusivität beklagt.GK 718.1

    In der Tat wird von katholischer Seite stets nur von christlichen Brüdern oder nichtkatholischen Christen gesprochen, nie von nichtkatholischen Kirchen. Prof. Schlink wies darauf hin, daß die Sehnsucht nach Einheit als Sehnsucht nach der vom Papst geleiteten römischen Kirche verstanden wird. “Es ist selbstverständlich, daß sich die nichtrömische Christenheit durch diese Aussage verkannt fühlen muß. Denn sie besteht nicht aus einzelnen Christen, sondern aus Kirchen. Die nichtkatholischen Christen sind der Gnade und des Heils gewiß als Glieder ihrer Kirche ... Sie sehnen sich nicht danach, Glieder der römischen Kirche zu werden, sondern als Glieder ihrer Kirche ersehnen sie die Gemeinschaft ihrer Kirche mit den anderen Kirchen ... Wenn ihnen aber bestritten wird, daß sie Christi Leib und Blut in den Abendmahlsfeiern ihrer Kirche empfangen, so sehen sie darin nicht nur eine Verkennung ihrer selbst, sondern eine Leugnung Christi, der sich in ihrer Mitte kräftig erweist.”GK 718.2

    Will die katholische Kirche Heimkehr oder Partnerschaft? Die Antwort kann nicht mehr zweifelhaft sein. Die “offenen Arme”, von denen der Papst sprach — sind sie etwas anderes als eine Fortsetzung der Gegenreformation mit neuen Mitteln? Es ist nicht zu verkennen, daß vieles innerhalb der römischen Kirche in Bewegung geraten ist, und es mag auch für ernste und überzeugte Katholiken ungewiß sein, wohin es die Kirche treiben wird, aber eines können wir jetzt schon sagen: Der Ökumenismus Roms ist etwas völlig anderes als die ökumenische Bewegung. Die katholische Kirche erwartet Unterwerfung oder Heimkehr in die “sichere Hürde”.GK 718.3

    Darüber sollte man nicht im unklaren sein, auch wenn das vom Konzil verabschiedete “Dekret über den Ökumenismus” Formulierungen enthält, die für die katholische Kirche tatsächlich in Neuland weisen. So enthält dieses Dekret u.a. das Eingeständnis, daß die Schuld für die Kirchenspaltungen des Ostens wie des Westens auf beiden Seiten liege. Die evangelischen Gemeinschaften werden als “Kirchen” apostrophiert, wenn diese Anrede vermutlich auch nur ein formales Entgegenkommen sein dürfte, um den “Dialog” nicht von vornherein schon unmöglich zu machen. Es finden sich Hinweise auf das Gute in den nichtkatholischen Religionen, das die Katholiken mit Freude und Achtung sähen. Ferner heißt es, daß diejenigen Christen, die in getrennten Gemeinschaften leben, nicht der Sünde angeklagt werden dürfen, wenn es auch wahr bleibe, daß die Fülle der Heilsmittel nur in der katholischen Kirche zu finden sei. Urteile und alles Handeln, was geeignet ist, die “getrennten Brüder” zu beleidigen, sollen vermieden werden. Auch seien Dialoge zwischen den Theologen beider Konfessionen zum Kennenlernen der gegenseitigen Auffassungen nützlich. Selbst gemeinsame Gebete für die Sache des Ökumenismus sowie — unter Aufsicht der Bischöfe unter Wahrung bestimmter Voraussetzungen — gemeinsame Gottesdienste könnten gestattet werden. Diese Formulierungen des Dekrets gehen gewiß weit über das hinaus, was bisher üblich und erwünscht war. Dennoch — die katholische Kirche wird es sich gefallen lassen müssen, daß man sie weniger an ihren Worten als an ihren Taten mißt.GK 718.4

    Im “Dekret über den Ökumenismus” heißt es unter anderem: “In dieser einen und einzigen Kirche Gottes sind schon von den ersten Zeiten an Spaltungen entstanden, die der Apostel aufs schwerste tadelt und verurteilt; in den späteren Jahrhunderten sind ausgedehntere Verfeindungen entstanden, und es kam zur Trennung recht großer Gemeinschaften von der vollen Gemeinschaft der katholischen Kirche, oft nicht ohne Schuld der Menschen auf beiden Seiten. Den Menschen jedoch, die jetzt in solchen Gemeinschaften geboren sind und in ihnen den Glauben an Christus erlangen, darf die Schuld der Trennung nicht zur Last gelegt werden — die katholische Kirche betrachtet sie als Brüder, in Verehrung und Liebe. Denn wer an Christus glaubt und in der rechten Weise die Taufe empfangen hat, steht dadurch in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche ...GK 719.1

    Dennoch erfreuen sich die von uns getrennten Brüder sowohl als einzelne wie auch als Gemeinschaften und Kirchen betrachtet, nicht jener Einheit, die Jesus Christus all denen schenken wollte, die er zu einem Leibe und zur Neuheit des Lebens wiedergeboren und lebendig gemacht hat, jener Einheit, die die Heilige Schrift und die verehrungswürdige Tradition der Kirche bekennt. Denn nur durch die katholische Kirche Christi, die das allgemeine Hilfsmittel des Heiles ist, kann man Zutritt zu der ganzen Fülle der Heilsmittel haben. Denn einzig dem Apostelkollegium, an dessen Spitze Petrus steht, hat der Herr, so glauben wir, alle Güter des Neuen Bundes anvertraut, um den einen Leib Christi auf Erden zu konstituieren, welchem alle völlig eingegliedert werden müssen, die schon auf irgendeine Weise zum Volke Gottes gehören.”GK 719.2

    Der in der ersten Zeit nach dem Konzil in protestantischen Kreisen wach gewordene Euphorismus in Sachen Wiedervereinigung der getrennten Kirchen ist mittlerweile einer sachlich-nüchternen Betrachtungsweise dieses Problems gewichen. Man hält die Gräben, die beide Konfessionen trennen, gewiß nicht für unüberwindlich, eine Vereinigung der beiden Großkirchen in absehbarer Zeit aber für höchst unwahrscheinlich.GK 719.3

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