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Bilder vom Reiche Gottes - Contents
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    Kapitel 13: Zwei Arten zu beten

    “Einigen, die sich anmaßten, fromm zu sein, und verachteten die andern”, erzählte Christus das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner. Lukas 18,9-14. Der Pharisäer geht in den Tempel, um zu beten — nicht etwa, weil er spürt, dass er Vergebung seiner Sünden braucht, sondern weil er in seiner Selbstgerechtigkeit bestätigt werden möchte. Für ihn ist Beten eine Leistung, mit der er bei Gott glänzen und vor seinen Mitmenschen besonders fromm erscheinen kann. Es geht ihm also darum, bei Gott und in seiner Umgebung hoch angesehen zu sein. Egoismus ist das Motiv für sein Gebet.BRG 118.1

    Und er ist zutiefst von sich überzeugt. Das zeigt sich in seinem Gesichtsausdruck, seinem Gang, seinem Gebet. Er sondert sich von den anderen ab, als wollte er sagen: “Bleib weg und rühr mich nicht an, denn ich bin für dich heilig.” Jesaja 65,5. So steht er da und betet “bei sich selbst”. Lukas 18,11 (EB). Zutiefst mit sich zufrieden, glaubt er, dass Gott und Menschen ihn genauso in Ordnung finden.BRG 118.2

    “Ich danke dir, Gott”, sagt er, “dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.” Lukas 18,11. Nicht das heilige Wesen Gottes betrachtet er als Maßstab für sein Leben, sondern das Verhalten anderer Leute; seine Gedanken sind auf Menschen statt auf Gott gerichtet. Das ist der Grund für seine Selbstzufriedenheit.BRG 118.3

    Nun zählt er seine guten Werke auf: “Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme.” Lukas 18,12. Die Religionsausübung des Pharisäers ist rein formal und lässt sein Herz unberührt. Er hat kein Bedürfnis danach, seinen Charakter immer gottähnlicher werden und sein Herz mit Liebe und Mitgefühl erfüllen zu lassen. Ihm genügt eine Religion, die nur sein äußeres Leben berührt. Seine Gerechtigkeit verleiht er sich selber — sie ist für ihn das Ergebnis seiner Werke —, und er misst sie mit menschlichem Maß.BRG 118.4

    Der Selbstgerechte wird immer zwangsläufig auf andere herabsehen. So wie der Pharisäer sich an anderen misst, so legt er seinen eigenen Maßstab bei seiner Umgebung an. Er vergleicht seine Gerechtigkeit mit der ihren, und je schlechter sie sind, desto besser schneidet er ab. Seine Selbstgerechtigkeit verleitet ihn dazu, sich zum Ankläger aufzuschwingen. Er verdammt “die andern Leute” als Übertreter von Gottes Gesetz und bekundet dadurch doch nur den Geist Satans, der ja der “Verkläger unserer Brüder” (Offenbarung 12,10) genannt wird. Mit einer solchen Einstellung kann er unmöglich Gemeinschaft mit Gott haben. Er geht nach Hause zurück, ohne den Segen Gottes empfangen zu haben.BRG 119.1

    Der Zöllner war gemeinsam mit anderen Gläubigen in den Tempel gegangen, hielt sich aber dann im Hintergrund, weil er das Gefühl hatte, für die gemeinsame Anbetung nicht würdig genug zu sein. Er “stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust” (Lukas 18,13) voll Seelennot und Selbstverachtung. Er spürte, dass er sich gegen Gott versündigt und sein unrechtes Handeln ihn gezeichnet hatte. Von den Menschen um ihn herum konnte er nicht einmal Mitgefühl erwarten; sie sahen alle verächtlich auf ihn herab. Weil er wusste, dass es in seinem Leben keine Leistung gab, auf die er sich vor Gott berufen konnte, rief er verzweifelt aus: “Gott, sei mir Sünder gnädig!” Lukas 18,13.BRG 119.2

    Er verglich sich nicht mit anderen. Vom Gefühl seiner Schuld überwältigt, stand er in Gottes Gegenwart und vergaß alles andere um sich herum. Er wünschte sich nichts als Vergebung und Frieden, er bat Gott nur darum, ihm gnädig zu sein. Und er wurde gesegnet! “Ich sage euch”, schloss Christus dieses Gleichnis: “Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener.” Lukas 18,14.BRG 119.3

    Der Pharisäer und der Zöllner stehen sinnbildlich für zwei große Gruppen, in die sich alle, die zu Gott beten, einteilen lassen. Als ihre frühesten Vertreter kann man die ersten beiden Kinder ansehen, die auf dieser Erde geboren wurden. Kain betrachtete sich selbst als gerecht und kam nur mit einem Dankopfer vor Gott. Er hielt es nicht für nötig, seine Sünden zu bekennen und einzugestehen, dass er Gottes Gnade brauchte. Abel dagegen brachte Blut dar, das auf das Lamm Gottes hinwies. Er fühlte sich als Sünder und bekannte, dass er verloren sei. Seine einzige Hoffnung war die unverdiente Liebe Gottes. Da nahm der Herr sein Opfer gnädig an, Kain und sein Opfer dagegen nahm er nicht an. 1.Mose 4,3-5. Die erste Voraussetzung dafür, dass wir bei Gott angenommen sind, ist die, dass wir unsere eigene Unzulänglichkeit, unsere geistliche Armut und Sündhaftigkeit eingestehen. “Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.” Matthäus 5,3.BRG 120.1

    Den Unterschied zwischen den beiden Gruppen — hier dargestellt durch den Zöllner und den Pharisäer — verdeutlicht die Lebensgeschichte des Apostels Petrus. Als Jünger Jesu hielt er sich anfangs für stark. Wie der Pharisäer glaubte er, nicht “wie die andern Leute” zu sein. Als Christus am Vorabend, ehe er verraten wurde, seine Jünger warnte: “Ihr werdet alle an mir irre werden”, da erklärte Petrus zuversichtlich: “Selbst wenn alle andern an dir irre werden — ich nicht!” Markus 14,27.29 (GN). Er erkannte nicht, in welcher Gefahr er stand. Sein Selbstvertrauen führte ihn in die Irre. Er war davon überzeugt, der Versuchung widerstehen zu können. Doch als es später wirklich darauf ankam, verleugnete er seinen Herrn unter Schwören und Fluchen.BRG 120.2

    Erst als der Hahn krähte, dachte er wieder an das, was Christus ihm gesagt hatte. Überrascht und schockiert darüber, was er soeben getan hatte, wandte er sich um und erblickte seinen Meister. Auch Christus schaute Petrus an, und unter diesem Blick voller Trauer, in die sich Mitgefühl und Liebe mischte, erkannte Petrus sich selbst. Er ging hinaus und weinte bitterlich. Christi Blick brach ihm das Herz. Petrus stand am Wendepunkt seines Lebens und bereute unter Tränen seine Sünde. Reumütig und bereit zur Umkehr wie der Zöllner, erfuhr er die göttliche Gnade. Als Christus ihn ansah, war ihm damit die Vergebung bereits zugesichert.BRG 120.3

    Jetzt war das Vertrauen auf seine eigene Leistung dahin, und nie wieder nahm Petrus den Mund so voll wie früher. Nach seiner Auferstehung prüfte Christus ihn dreimal. “Simon, des Johannes Sohn, hast du mich lieber, als mich diese haben?” fragte er. Da hielt sich Petrus nicht mehr für besser als seine Brüder, sondern berief sich auf die Fähigkeit Christi, ihm ins Herz zu sehen: “Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe.”BRG 121.1

    Nun erhielt er seine Aufgabe, die umfassender und schwieriger war als alle bisherigen. Christus bat ihn: “Weide meine Schafe!” Johannes 21,15.17. Damit übertrug er ihm die Seelsorge für alle, denen er sein eigenes Leben geopfert hatte. Zugleich bewies Christus dadurch, dass er nicht im Geringsten an der inneren Umkehr des Petrus zweifelte. War der Jünger früher ruhelos und allzu selbstsicher gewesen, ein Mann der großen Worte, so war jetzt seine Zurückhaltung und Bereitschaft zur Umkehr bemerkenswert. Er folgte nun seinem Herrn unter persönlichen Opfern und stellte eigene Interessen und Ansprüche gern zurück. So wie er etwas davon am eigenen Leib erlitt, was Christus erdulden musste, so wird Petrus auch teilhaben an der Herrlichkeit Christi, wenn dieser auf dem Thron der Herrlichkeit sitzen wird.BRG 121.2

    Was Petrus zu Fall brachte und den Pharisäer von der Gemeinschaft mit Gott ausschloss, erweist sich auch heute noch für Tausende als verheerender Irrtum. Nichts ist für Gott so beleidigend und für den Menschen selbst so gefährlich wie Stolz und Selbstzufriedenheit. Von allen Sünden kann man sie am schwersten überwinden.BRG 121.3

    Dass Petrus versagte, kam nicht aus heiterem Himmel; es war das Ergebnis einer langen Entwicklung. Selbstüberschätzung hatte ihn zu der Annahme verleitet, er sei schon ein für alle Mal gerettet, und so führte sein Weg Schritt für Schritt abwärts, bis er schließlich seinen Herrn verleugnete. Solange wir auf dieser Erde leben, können wir uns nie vollständig auf uns selbst verlassen oder meinen, wir seien gegen jede Versuchung gefeit. Auch wer Christus in einer echten Bekehrung als seinen Erlöser angenommen hat, sollte sich nicht einreden lassen, dass er damit schon gerettet ist, denn diese Auffassung ist irreführend. Es ist wichtig, dass wir die Hoffnung und den Glauben betonen; doch auch wenn wir unser Leben Christus anvertraut haben und uns von ihm angenommen wissen, sind wir keinesfalls vor Versuchungen sicher. Gottes Wort sagt: “Viele werden gereinigt, geläutert und geprüft werden.” Daniel 12,10. Nur wer standhaft am Glauben festhält, bekommt die Krone des Lebens. Jakobus 1,12.BRG 121.4

    Wer Christus annimmt und in neugewonnener Zuversicht nur noch sagt: “Ich bin gerettet”, läuft Gefahr, in Wirklichkeit auf sich selbst zu vertrauen. Er verliert den Blick für die eigene Schwäche und für die Tatsache, dass er ständig von der göttlichen Kraft abhängig ist. Unvorbereitet auf die Angriffe Satans, fällt er, wenn sein Glaube auf die Probe gestellt wird, wie Petrus in die tiefsten Tiefen der Sünde. Deshalb werden wir ermahnt: “Darum, wer meint, er stehe, mag zusehen, dass er nicht falle.” 1.Korinther 10,12. Nur wenn wir uns selbst gegenüber kritisch genug sind, können wir im Glauben sicher sein, denn wir sind voll und ganz von Christus abhängig.BRG 122.1

    Es war unbedingt nötig, dass Petrus seine Charakterschwächen erkannte und merkte, wie sehr er auf die Kraft und Gnade Christi angewiesen war. Der Herr konnte ihm die Versuchung nicht ersparen; doch hätte er ihn davor bewahren können, ihr zu erliegen. Hätte Petrus auf die Warnung Christi gehört, dann wäre er hellwach gewesen und im Gebet mit dem Vater verbunden geblieben. Er hätte besonnener gehandelt, um ja keinen Fehler zu begehen. Gott hätte ihm helfen können, und Satan wäre mit seinem Angriff erfolglos geblieben.BRG 122.2

    Petrus kam zu Fall, weil er sich selbst zu unkritisch gegenüberstand. Aber als er auf seinem falschen Weg kehrtmachte und sein eigenes Unvermögen eingestand, bekam er wieder festen Boden unter die Füße. Was die Bibel über seine Erfahrung berichtet, kann jeden Sünder ermutigen, der bereit zur Umkehr ist. Obwohl Petrus schwer gesündigt hatte, blieb er doch nicht sich selbst überlassen. In sein Herz waren die Worte Christi eingeprägt: “Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.” Lukas 22,32. Es war dieses Gebet und die Erinnerung an den liebevollen, gütigen Blick Christi, welche ihm inmitten der bitteren Qual seiner Reue neue Hoffnung schenkten. Gleich nach seiner Auferstehung dachte Jesus an Petrus und ließ durch einen Engel den Frauen sagen: “Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen.” Markus 16,7. Der Heiland hatte die Buße des Petrus angenommen und ihm vergeben.BRG 122.3

    Dieselbe mitfühlende Hand, die sich Petrus entgegenstreckte und ihn rettete, wird jedem angeboten, der einer Versuchung erlegen ist. Es gehört zu Satans beliebtesten Strategien, einen Menschen zur Sünde zu verführen und ihn dann hilflos und angstvoll allein zu lassen in einem Zustand, in dem er nicht wagt, um Vergebung zu bitten. Doch warum sollten wir uns fürchten? Gott hat gesagt: “Es sei denn, sie suchen Zuflucht bei mir und machen Frieden mit mir.” Jesaja 27,5. Jede erdenkliche Vorkehrung ist getroffen für den Fall, dass wir schwach werden. Immer wieder werden wir ermutigt, zu Christus zu kommen.BRG 123.1

    Christus opferte sich in einem qualvollen Tod, um Gottes Erbteil zurückzukaufen und den Menschen eine weitere Bewährungszeit zu schenken. “Daher kann er auch für immer selig machen, die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt für immer und bittet für sie.” Hebräer 7,25.BRG 123.2

    Durch sein sündloses Leben, seinen Gehorsam und seinen Tod am Kreuz von Golgatha machte er sich zum Fürsprecher der verlorenen Menschheit. Der “Herzog unserer Seligkeit” setzt sich aber für uns nicht als bloßer Bittsteller ein, sondern erhebt wie ein Eroberer Anspruch auf seinen Siegespreis. Sein Opfer war vollkommen. Nachdem er unsere Sache zu seiner eigenen gemacht hat, weist er Gott auf seine eigenen makellosen Verdienste hin und übermittelt ihm gleichzeitig die Gebete, Bekenntnisse und Danksagung seines Volkes. Mit dem Duft der Gerechtigkeit Christi vermischt, steigt all das zu Gott wie ein angenehmer Geruch empor. Solch ein Opfer nimmt Gott gern an, und seine Vergebung bedeckt all unsere Übertretungen.BRG 123.3

    Christus hat sich dazu verpflichtet, unser Stellvertreter und Bürge zu werden. Dabei übersieht er keinen. So wie er es nicht einfach hinnehmen wollte, dass die Menschen dem ewigen Verderben ausgesetzt sein sollten und deshalb für sie in den Tod ging, nimmt er sich liebevoll jedes Einzelnen an, dem bewusst wird, dass er sich nicht selbst retten kann.BRG 123.4

    Jedem spricht er Mut zu, der im Bewusstsein der eigenen Schwachheit seine Bitten vorbringt. Durch sein Sühnopfer hat er uns Menschen ja einen unermesslichen Schatz sittlicher Kraft erworben, die er gern für uns einsetzt. Wir dürfen mit unseren Sorgen und Sünden zu ihm kommen, weil er uns liebt. Jeder Blick und jedes Wort von ihm wirbt um unser Vertrauen. Er wird unser Wesen nach seinem Willen formen. Satan ist trotz all seiner Macht nicht stark genug, auch nur einen einzigen Menschen auf seine Seite zu ziehen, der ganz auf Christus vertraut. Gott “gibt dem Müden Kraft, und Stärke genug dem Unvermögenden.” Jesaja 40,29. “Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.” 1.Johannes 1,9. “Allein erkenne deine Schuld, dass du wider den Herrn, deinen Gott, gesündigt hast.” Jeremia 3,13. “Und ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet; von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen.” Hesekiel 36,25.BRG 124.1

    Um Vergebung und Frieden finden zu können, brauchen wir allerdings Selbsterkenntnis, die Reue in uns weckt. Dem Pharisäer war seine Sündhaftigkeit nicht bewusst, und so konnte der Heilige Geist nicht an ihm arbeiten. Er hatte sein Inneres so sehr mit Selbstgerechtigkeit gepanzert, dass Gottes unabweisbare und zielsichere Pfeile nicht in sein Herz eindringen konnten. Christus kann nur den retten, der seine Sünden erkennt. Sein Auftrag bestand darin, “zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, den Gefangenen die Befreiung anzukündigen. Den Blinden das Augenlicht, Bedrückte in Freiheit zu setzen.” Lukas 4,18 (Rösch). Aber “die Gesunden bedürfen des Arztes nicht.” Lukas 5,31. Nur wenn wir unseren wahren Zustand erkennen, wird uns bewusst werden, wie sehr wir die Hilfe Christi brauchen. Wir können bei ihm nur Zuflucht finden, wenn wir die Gefahr erkennen, in der wir uns befinden. Nur wenn unsere verwundete Seele schmerzt, werden wir den Wunsch haben, geheilt zu werden.BRG 124.2

    Der Herr sagt: “Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts! und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.” Offenbarung 3,17.18. Das im Feuer geläuterte Gold ist der Glaube, der in praktischer Nächstenliebe sichtbar wird. Er allein kann uns in Übereinstimmung mit Gott bringen. Mögen wir noch so aktiv und fleißig sein — ohne die Liebe, die das Wesen Christi auszeichnete, können wir nie zur himmlischen Familie gehören.BRG 124.3

    Kein Mensch kann aus sich selbst heraus erkennen, dass sein Weg in die Irre führt. “Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding; wer kann es ergründen?” Jeremia 17,9. Oft ist es nur ein Lippenbekenntnis, wenn jemand seine geistliche Armut eingesteht. Das Herz bleibt davon unberührt und ist stattdessen von Stolz erfüllt über die eigene Demut und Gerechtigkeit, die uns über andere so erhaben sein lässt. Es gibt für uns nur eine Möglichkeit zu wahrer Selbsterkenntnis: Wir müssen auf Christus sehen. Nur wer ihn nicht richtig kennt, kann stolz sein auf die eigene Gerechtigkeit. Wenn wir dagegen sein reines und makelloses Wesen betrachten, erkennen wir, wie schwach, arm und voller Fehler wir sind. Dann wird uns bewusst, dass wir hoffnungslos verloren und lediglich selbstgerecht sind — wie alle anderen Sünder auch. Dann sehen wir auch endlich ein, dass wir nicht durch unsere eigenen guten Taten, sondern, wenn überhaupt, einmal nur durch Gottes unendliche Gnade gerettet werden.BRG 125.1

    Das Gebet des Zöllners wurde erhört, weil in ihm das vertrauensvolle Bewusstsein zum Ausdruck kam, vom Allmächtigen ganz abhängig zu sein. Der Zöllner konnte sich nur noch schämen, wenn er an sein eigenes Leben und Wesen dachte. So muss jeder empfinden, der zu Gott kommen möchte. Mit einem Glauben, der alles Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten aufgibt, muss der Hilfe suchende Beter die göttliche Kraft in Anspruch nehmen.BRG 125.2

    Äußerliche Formen zu beachten kann niemals kindlichen Glauben und völlige Selbstaufgabe ersetzen. Allerdings kann auch niemand sein eigenes Wesen aufgeben. Wir können nur Christus einladen, an uns zu wirken. Dann beten wir: “Herr, nimm mein Herz, denn ich kann es nicht geben. Es ist dein Eigentum. Erhalte es rein, denn ich kann es selbst nicht. Rette mich trotz meines schwachen Wesens, das Christus so wenig ähnlich ist. Bilde mich, forme und erhebe mich in eine reine und heilige Atmosphäre, wo deine Liebe mich reich durchströmen kann.”BRG 125.3

    Nicht nur zu Beginn unseres Lebens mit Christus ist diese Selbstübergabe nötig; wir müssen sie bei jedem weiteren Schritt auf dem Weg zum ewigen Leben erneut vollziehen. Alle unsere guten Werke entspringen einer Kraft, die außerhalb unserer selbst liegt. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns ständig von ganzem Herzen Gott zuwenden, dass wir immer wieder aufrichtig und reumütig unsere Sünden bekennen und uns vor ihm demütigen. Nur wenn wir unsere Eigensucht aufgeben und uns ganz von Christus abhängig wissen, können wir sicher unseren Weg gehen.BRG 126.1

    Je enger unsere Verbindung zu Christus wird und je klarer wir sein reines Wesen erkennen, desto besser begreifen wir auch, wie außerordentlich verworfen und boshaft die Sünde ist, und desto weniger neigen wir zu Überheblichkeit. Die Menschen, die in Gottes Augen heilig sind, stellen am allerwenigsten ihre Frömmigkeit zur Schau. Der Apostel Petrus wurde ein treuer Diener Christi; göttliche Erkenntnis und Vollmacht wurden ihm geschenkt. Er hatte wesentlichen Anteil am Aufbau der Gemeinde Christi. Und dennoch vergaß Petrus niemals, wie furchtbar er sich einmal hatte schämen müssen. Seine Sünde war vergeben, aber er wusste ganz genau, dass die Charakterschwäche, die sein Versagen verursacht hatte, nur durch die Gnade Christi beseitigt werden konnte. In sich selbst fand er nichts, worauf er hätte stolz sein können.BRG 126.2

    Kein Apostel oder Prophet behauptete jemals, sündlos zu sein. Menschen, die in enger Beziehung mit Gott lebten, die lieber ihr Leben hingegeben als absichtlich etwas Unrechtes getan hätten, sodass Gott ihnen Erkenntnis und Vollmacht schenkte, haben immer wieder bekannt, dass sie in ihrem Wesen von Natur aus zur Sünde neigten. Sie vertrauten nicht auf ihr eigenes menschliches Können und hielten sich nicht selbst für gerecht, sondern setzten ihre Hoffnung allein auf die Gerechtigkeit Christi. So wird es jedem gehen, der im Glauben zu Christus aufschaut.BRG 126.3

    Mit jeder weiteren Stufe der Erfahrung in unserem Glaubensleben werden wir tiefere Reue über uns selbst empfinden. Der Herr spricht gerade die Menschen an, denen er vergeben hat und die er als seine Kinder angenommen hat, wenn er sagt: “Dann werdet ihr an euren bösen Wandel denken und an euer Tun, das nicht gut war, und werdet euch selbst zuwider sein um eurer Sünde und eures Götzendienstes willen.” Hesekiel 36,31. Weiter sagt er: “Und ich will meinen Bund mit dir aufrichten, sodass du erfahren sollst, dass ich der Herr bin, damit du daran denkst und dich schämst und vor Scham deinen Mund nicht mehr aufzutun wagst, wenn ich dir alles vergeben werde, was du getan hast.” Hesekiel 16,62.63. Dann verherrlichen wir uns nicht mehr selbst, wenn wir etwas sagen, weil wir wissen, dass wir nur in Christus alles im Überfluss haben, was wir brauchen, und wir bekennen mit dem Apostel: “Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt.” Römer 7,18. “Es sei aber fern von mir, mich zu rühmen als allein des Kreuzes unsers Herrn Jesus Christus, durch den mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.” Galater 6,14.BRG 127.1

    Auf Grund dieser Erfahrung werden wir ermahnt: “Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.” Philipper 2,12.13. Gott möchte keineswegs, dass wir befürchten sollen, er könnte seine Verheißungen nicht erfüllen, würde die Geduld verlieren oder kein Erbarmen haben. Vielmehr fordert dieser Text uns dazu auf, darauf zu achten, dass unser Wille sich dem Willen Christi nicht entgegenstellt und dass keine ererbten und selbsterworbenen Charakterfehler unser Leben bestimmen und prägen. “Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.” Wir sollen auf der Hut sein, dass sich nicht Eigensucht zwischen die Bedürfnisse unserer Seele und Christus drängt und damit den großen Plan vereiteln könnte, den Gott durch uns in die Tat umsetzen will. Hüten wir uns “mit Furcht und Zittern” davor, auf die eigene Kraft zu vertrauen und die Hand Christi loszulassen, um ohne seine immer währende Gegenwart durchs Leben gehen zu wollen.BRG 127.2

    Es ist wichtig für uns, alles zu meiden, was Stolz und Selbstzufriedenheit fördern könnte. Deshalb wollen wir im Umgang mit anderen auf Schmeicheleien verzichten, denn Lobhudelei dient ebenso den Interessen Satans wie Beschuldigungen und verdammendes Urteil über andere. In jedem Fall möchte er damit den Menschen verderben. Wer Menschen verherrlicht, lässt sich vom Teufel als Werkzeug benutzen. Als Mitarbeiter Christi wollen wir deshalb unsere eigene Person in den Hintergrund stellen und jedes Lob auf Christus lenken, der allein erhöht werden soll. Alle sollen auf den schauen und jedes Herz ihn loben, “der uns liebt und erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut” Offenbarung 1,5.BRG 128.1

    Wer in der Furcht des Herrn lebt, hat keinen Grund, trüben Gedanken nachzuhängen. Im Gegenteil: Dort, wo Christus fehlt, gibt es mürrische Gesichter, und das Leben wird als einzige Last empfunden. Wer von sich selbst allzu viel hält und immer zuerst an sich denkt, hat kein Bedürfnis nach einer lebendigen Verbindung mit Christus. Das Herz, das nicht an Christus, dem Felsen, zerbrochen ist, rühmt sich, noch heil zu sein. Die Menschen bevorzugen eine Frömmigkeit, die ihnen Würde verleiht. Der Weg zum ewigen Leben soll für sie breit genug sein, um alles mitnehmen zu können, woran ihr Herz hängt. Ihre Eigenliebe und ihr Geltungsdrang schließen den Heiland aus ihrem Herzen aus. Ohne ihn aber sieht das Leben trübe und traurig aus. Wenn dagegen Christus in uns wohnt, ist dies für uns eine Quelle der Freude. Darum empfinden auch alle, die ihn annehmen, dass Freude der Grundton des Wortes Gottes ist.BRG 128.2

    “Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der ewig wohnt, dessen Name heilig ist: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen.” Jesaja 57,15.BRG 128.3

    Im Schutz einer Felsspalte konnte Mose die Herrlichkeit Gottes sehen. Ebenso wird Christus uns mit seiner durchbohrten Hand Schutz bieten, wenn wir uns zum “Fels des Heils” zurückziehen, und dort werden wir hören, was der Herr denen sagt, die sich in seinen Dienst gestellt haben. Dann offenbart sich Gott uns wie damals Mose als “barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde.” 2.Mose 34,6.7.BRG 128.4

    Das Werk der Erlösung wird uns einmal in eine Zukunft führen, die der Mensch sich kaum vorstellen kann: “Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.” 1.Korinther 2,9. Wenn ein Sünder von der Kraft Christi angezogen wird und zum Kreuz kommt, um davor die Knie zu beugen, dann wird er von neuem geboren; er bekommt ein neues Herz und wird “eine neue Kreatur” in Christus Jesus. 2.Korinther 5,17. Dann hat er die höchste Stufe der Heiligung erreicht: Gott macht den gerecht, “der da ist aus dem Glauben an Jesus”. Römer 3,26. “Die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.” Römer 8,30. Ist die Schande und Erniedrigung durch die Sünde auch noch so groß, durch die Liebe unseres Erlösers werden wir noch unvergleichlich mehr Ehre und Erhöhung erfahren. Wer danach strebt, Christus ähnlich zu werden, erhält aus der Schatzkammer des Himmels eine alles übertreffende Kraft; sie wird ihn selbst noch über jene Engel stellen, die nie von Gott abfielen.BRG 129.1

    “So spricht der Herr, der Erlöser Israels, sein Heiliger, zu dem, der verachtet ist von den Menschen und verabscheut von den Heiden, zu dem Knecht, der unter Tyrannen ist: Könige sollen sehen und aufstehen, und Fürsten sollen niederfallen um des Herrn willen, der treu ist, um des Heiligen Israels willen, der dich erwählt hat.” Jesaja 49,7.BRG 129.2

    “Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.” Lukas 18,14.BRG 129.3

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