Öffentlich Verhaftet Und Heimlich Entlassen?
Das Erdbeben hatte die Bürger von Philippi in großen Schrecken versetzt. Als die Gefängnisbeamten am Morgen den Stadtoberen berichteten, was sich in der Nacht zugetragen hatte, waren diese bestürzt. Sie sandten ihre Diener mit dem Auftrag zum Gefängnis, man solle die Apostel freilassen. Paulus aber erklärte: »Sie haben uns ohne Recht und Urteil öffentlich geschlagen, die wir doch römische Bürger sind, und in das Gefängnis geworfen, und sollten uns nun heimlich fortschicken? Nein! Sie sollen selbst kommen und uns hinausführen!« (Apostelgeschichte 16,37)GNA 163.2
Die Apostel waren römische Bürger, und einen Römer auszupeitschen war gesetzeswidrig außer wegen abscheulichster Verbrechen. Ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren durfte kein Römer seiner Freiheit beraubt werden. Da Paulus und Silas öffentlich verhaftet worden waren, weigerten sie sich nun, ohne gebührende Erklärung durch die Stadtoberen heimlich entlassen zu werden.GNA 163.3
Als den Stadtobersten diese Antwort überbracht wurde, packte sie die Angst, die Apostel könnten sie beim Kaiser verklagen. Deshalb eilten sie sofort zum Gefängnis, entschuldigten sich bei Paulus und Silas für die ihnen zugefügte Ungerechtigkeit und Grausamkeit, geleiteten sie persönlich aus dem Gefängnis und baten sie, die Stadt zu verlassen. Die Stadtobersten fürchteten sowohl den Einfluss der Apostel auf das Volk als auch die Macht, die für diese unschuldigen Männer eingetreten war.GNA 163.4
Christus hatte seine Jünger gelehrt, sich nicht aufzudrängen, wo man sie nicht wünschte (vgl. Matthäus 10,14). Daran hielten sich die Apostel. »Da gingen sie aus dem Gefängnis und gingen zu der Lydia. Und als sie die Brüder gesehen und sie getröstet hatten, zogen sie fort.« (Apostelgeschichte 16,40)GNA 164.1
Die Apostel hielten ihr Wirken in Philippi nicht für vergeblich. Sie waren zwar auf viel Widerstand und Verfolgung gestoßen, aber der Herr hatte um ihretwillen eingegriffen. Dies und die Bekehrung des Gefängnisaufsehers und seines ganzen Hauses entschädigte sie reichlich für die Schmach und die Leiden, die sie erduldet hatten. Die Nachricht von ihrer ungerechtfertigten Einkerkerung und der wunderbaren Befreiung verbreitete sich in der ganzen Region. So wurden viele, die man sonst nicht erreicht hätte, auf das Werk der Apostel aufmerksam.GNA 164.2