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Vom Schatten zum Licht - Contents
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    Jesus Weint Uber Jerusalem

    Von der Höhe des Ölbergs schaute Jesus auf Jerusalem hinunter. Lieblich und friedlich breitete sich die Landschaft vor ihm aus. Es war die Zeit des Passafestes, und aus allen Ländern hatten sich die Nachkommen Jakobs versammelt, um dieses große Nationalfest zu feiern. Inmitten von Gärten und Weinbergen, die von den Zelten der Pilger besetzt waren, erhoben sich terrassenförmig die Hügel der Hauptstadt Israels mit ihren stattlichen Palästen und massiven Bollwerken. Die Tochter Zions schien mit Stolz zu sagen: »Ich bin eine Königin ... und Leid werde ich nicht sehen.« (Offenbarung 18,7) Sie war anmutig und glaubte in der Gunst des Himmels zu stehen, genauso wie vor Jahrhunderten, als der Hofsänger formulierte: »Schön ragt empor der Berg Zion, daran sich freut die ganze Welt ... die Stadt des großen Königs.” (Psalm 48,3) Unmittelbar vor ihm lagen die prächtigen Gebäude des Tempels. Die Strahlen der sinkenden Sonne ließen den schneeweißen Marmor seiner Mauern aufleuchten und wurden vom goldenen Tor, den Türmen und Zinnen reflektiert. In vollendeter Schönheit stand Zion da, der Stolz der jüdischen Nation. Bei welchem Kind Israels hätte dieser Anblick nicht begeisterte Bewunderung hervorgerufen! Doch Jesus empfand etwas ganz anderes. »Als er nahe hinzukam, sah er die Stadt und weinte über sie.« (Lukas 19,41) Inmitten der allgemeinen Freude seines triumphalen Einzugs, während unter wedelnden Palmzweigen die fröhlichen Hosiannarufe von den umliegenden Hügeln widerhallten und ihn tausende von Stimmen zum König ausriefen, überkam den Erlöser der Welt plötzlich ein geheimnisvoller Kummer. Der Sohn Gottes, der Verheißene Israels, dessen Macht den Tod bezwungen und seine Gefangenen aus den Gräbern hervorgerufen hatte, brach in Tränen aus. Es waren nicht die Tränen eines gewöhnlichen Kummers, sondern einer unaussprechlichen, intensiven Seelenangst.VSL 20.2

    Seine Tränen flossen nicht um seinetwillen, obgleich er genau wusste, wohin ihn sein Weg führte. Vor ihm lag Gethsemane, der Schauplatz seines bevorstehenden Leidens. Auch das Schaftor war zu sehen, durch welches jahrhundertelang Opfertiere getrieben wurden und das nun für ihn offen stand, wenn er »wie ein Lamm ... zur Schlachtbank geführt” (Jesaja 53,7) werden sollte. Nicht weit davon entfernt lag Golgatha, die Stätte der Kreuzigung. Über den Weg, den Christus bald betreten sollte, würden demnächst die Schrecken einer großen Finsternis fallen, wenn er sein Leben zum Opfer für die Sünde hingäbe. Doch es waren nicht die Gedanken an diese Ereignisse, die in dieser Stunde allgemeiner Fröhlichkeit Schatten auf ihn warfen. Keine Vorahnung seiner übermenschlichen Todesangst betrübte seinen opferbereiten Geist. Er beweinte das Schicksal von Tausenden in Jerusalem, weil sie blind und unbußfertig waren, obwohl er gekommen war, um sie zu segnen und zu retten.VSL 21.1

    Die Geschichte von mehr als tausend Jahren göttlicher Führung und schützender Fürsorge, die das auserwählte Volk erlebt hatte, lag offen vor Jesu Augen. Dort war der Berg Morija, auf dem der verheißene Sohn (Isaak) als widerstandloses Schlachtopfer an den Altar gebunden worden war (vgl. 1. Mose 22,9), ein Symbol für das Opfer des Sohnes Gottes. Dort war der Segensbund, die großartige messianische Verheißung, dem Vater der Gläubigen bestätigt worden. (1. Mose 22,16-18) Dort stiegen die Flammen des Opfers von der Tenne Araunas zum Himmel empor und wandten das Schwert des Würgeengels ab (vgl. 1. Chronik 21), ein passendes Symbol für das Opfer des Erlösers und seinen Mittlerdienst für die schuldige Menschheit. Jerusalem war von Gott vor der ganzen Welt geehrt worden. Denn der Herr hatte »Zion erwählt”, und es gefiel ihm, »dort zu wohnen« (Psalm 132,13). Dort hatten die heiligen Propheten jahrhundertelang ihre Warnungsbotschaften verkündigt. Dort hatten die Priester ihre Räuchergefäße geschwungen, und der Weihrauch war mit den Gebeten der Frommen zu Gott aufgestiegen. Hier hatte man täglich das Blut der geopferten Lämmer dargebracht, die auf das Lamm Gottes hinwiesen. Dort hatte Jahwe in der Wolke der Herrlichkeit über dem Gnadenstuhl seine Gegenwart offenbart. Dort stand der Fuß jener geheimnisvollen Leiter, welche die Erde mit dem Himmel verband (1. Mose 28,12; Johannes 1,51), jener Leiter, auf der die Engel Gottes auf und niederstiegen und die der Welt den Weg in das Allerheiligste öffnete. Hätte Israel als Nation dem Himmel die Treue bewahrt, würde Jerusalem, die auserwählte Stadt Gottes, ewig gestanden haben. (Jeremia 17,21-25) Aber die Geschichte jenes bevorzugten Volks war gekennzeichnet von Abfall und Aufruhr. Sie hatten sich der Gnade des Himmels widersetzt, ihre Vorrechte missbraucht und die ihnen gebotenen Gelegenheiten verschmäht.VSL 21.2

    Obwohl die Israeliten die Boten Gottes verspotteten und seine Worte verachteten und seine Propheten verhöhnten (vgl. 2. Chronik 36,16), hatte er sich ihnen doch immer noch als der »Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue” (2. Mose 34,6) gezeigt. Obwohl sie ihn immer wieder zurückwiesen, setzte er sich stets erneut für sie ein. Mit mehr als erbarmungsvoller Liebe eines Vaters in der Fürsorge für seinen Sohn ließ Gott »immer wieder gegen sie reden durch seine Boten; denn er hatte Mitleid mit seinem Volk und seiner Wohnung”. (2. Chronik 36,15) Nachdem alle Ermahnungen, Bitten und Zurechtweisungen erfolglos geblieben waren, sandte er ihnen die beste Gabe des Himmels, ja, er schüttete den ganzen Himmel in jener einen Gabe über sie aus.VSL 22.1

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